Was ist passiert?
Die Bundesregierung hat sich am Wochenende auf einen Kompromiss für das neue Gebäudeenergiegesetz geeinigt. Mit den neuen Regeln soll der Einsatz erneuerbarer Energie im Immobiliensektor in Wohn- und Gewerbeimmobilien ausgebaut werden. Kernstück des Gesetzes ist die Vorschrift, dass Heizungen, die ab 2024 in Gebäude eingebaut werden, zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Um das zu schaffen, fördert der Staat den Einbau, zudem gibt es Ausnahmeregelungen für alle Fälle, in denen Hausbesitzer die Anforderungen nur schwer oder gar nicht erfüllen können.
Warum brauchen wir dieses Gesetz?
Um seine Klimaziele zu erreichen, muss Deutschland vor allem im Gebäudesektor deutlich Emissionen verringern. Der Bereich riss sowohl 2020 als auch 2021 die notwendigen Zwischenziele. Noch immer werden in Deutschland hauptsächlich Gasheizungen verbaut. Sie sorgen in rund der Hälfte der 41 Millionen Haushalte in Deutschland für Wärme. Der Anteil erneuerbarer Energien beim Heizen stagniert seit Jahren bei rund 15 Prozent. Zwischen 2005 und 2020 verringerte Deutschland seinen CO2-Ausstoß im Gebäudesektor nur um 22 Prozent. Das liegt sogar unter dem EU-Durchschnitt von 25 Prozent, wie die European Environment Agency (EEA) meldet. Spitzenreiter Schweden kommt auf 68 Prozent, Nachbarländer wie Österreich und Frankreich auf 37 beziehungsweise 36 Prozent. Die Bundesregierung sieht sich in der Pflicht, diese Entwicklung mit einem Gesetz zu beschleunigen, um die Klimaziele einzuhalten. Bis 2045 sollen in Gebäuden gar keine fossilen Energien mehr zur Heizung eingesetzt werden.
Muss ich jetzt also eine Wärmepumpe einbauen?
Nein. Das Gesetz sieht keine Wärmepumpen-Pflicht vor. Welche Technik Haushalte künftig zum Heizen verwenden, bleibt Ihnen überlassen – Hauptsache, die Heizung läuft zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien. In der Praxis sind Wärmepumpen dafür am besten geeignet, sie haben sich für denselben Zweck auch in den skandinavischen Ländern durchgesetzt, die heute schon deutlich weniger Treibhausgase aus dem Gebäudesektor emittieren. Theoretisch können Haushalte aber andere Technologien nutzen. Möglich sind zum Beispiel Gas-Wärmepumpen-Hybridheizungen, bei denen die Pumpe die Grundlast liefert und der Gaskessel nur in Spitzenverbrauchszeiten zugeschaltet wird, aber auch Biomasse- oder Brennstoffzellenheizungen, sofern sie mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
Welche weiteren Alternativen – Holzpellets, Wasserstoff, Bio-Methan – sind möglich?
Theoretisch dürfen Sie jede Art von Heizung betreiben, sofern Sie damit die 65-Prozent-Regel erfüllen. Das wird bei Alternativen zur Wärmepumpe aber schwer. Holzpellets verursachen CO2-Emissionen beim Heizen, müssten also hybrid mit einer Wärmepumpe betrieben werden. Gleiches gilt für jede Form von Biogas. Wasserstoff könnte eine CO2-freie Alternative bieten, wenn es sich ausschließlich um grünen Wasserstoff handelt, also solchen, der nur mit erneuerbaren Energien hergestellt wurde. Das ist aber derzeit keine Massenlösung, denn für grünen Wasserstoff existiert in Deutschland weder ein großer Markt noch ein Verteilnetz.
Muss ich als Hausbesitzer nächstes Jahr meine Heizung austauschen?
Nein. Die Regelung gilt zunächst nur für den Fall, dass Sie sowieso eine neue Heizungsanlage einbauen. Das betrifft vor allem Neubauten und eben den geplanten Austausch alter Anlagen. Geht Ihre aktuelle Öl- oder Gasheizung kaputt, dürfen Sie sie reparieren und weiternutzen. Ist sie irreparabel beschädigt, dürfen Sie sogar eine neue Öl- oder Gasheizung einbauen, dann aber nur für maximal drei Jahre. Anschließend müssen Sie das 65-Prozent-Ziel erfüllen. Eine weitere Ausnahme gibt es für Hausbesitzer, die älter als 80 Jahre sind und für Gebäude, bei denen der Einbau einer neuen Heizungsanlage in keinem Verhältnis zum Wert der Immobilie stände. In ersterem Falle würde eine Austauschpflicht dann aber gelten, wenn das Haus vererbt oder verkauft wird.
Was kostet mich der Umstieg auf eine neue Heizung?
Nehmen wir eine durchschnittliche Wärmepumpe als Maßstab, müssen Sie mit Kosten zwischen 15.000 und 25.000 Euro rechnen. Hybridheizungen können auch mit mehr als 30.000 Euro zu Buche schlagen. Der Preis hängt stark davon ab, welche Art von Wärmepumpe Haushalte brauchen und ob dafür zum Beispiel Erdarbeiten notwendig sind. Weitere Kosten könnten dadurch entstehen, dass es gerade in älteren Häusern sinnvoll ist, vor dem Einbau einer neuen Heizung auch die Dämmung der Fassade zu verbessern. Gerade Wärmepumpen arbeiten in gut gedämmten Häusern effektiver. Eventuell erfordern Altbauten auch neue Heizkörper.
Welche Förderung bietet der Staat?
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat bisher mehrfach umfangreiche Förderungen versprochen, aber noch keine Details genannt. So soll der Einbau einer Wärmepumpe mit staatlicher Hilfe für Menschen mit mittlerem oder niedrigem Einkommen nicht teurer sein als der Einbau einer Gasheizung – diese sind in der Anschaffung bisher meist preiswerter. Die genauen Details müssen die Ampel-Koalitionäre aber noch aushandeln. Grundsätzlich sind sich alle drei Parteien aber einig, dass niemand durch den Einbau einer klimafreundlichen Heizung finanziell überfordert werden soll.
Zudem laufen alle bisherigen Fördermaßnahmen weiter. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erstattet zwischen 25 und 40 Prozent der Kosten für den Einbau einer Wärmepumpe, Solarthermieanlage oder Brennstoffzellenheizung, 10 bis 30 Prozent für Biomasseheizungen. Zudem vergibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zinsgünstige Kredite für Voll- oder Teilsanierungen von Häusern. Darin ist auch der Einbau neuer Heizungsanlagen inbegriffen.
Wer kontrolliert, ob ich wirklich eine klimafreundliche Heizung einbaue?
Wer glaubt, niemand kommt zu ihm nach Hause und überprüft die Heizung, liegt falsch. Eine erste Prüfung dürfte es schon vor dem Einbau geben, nämlich beim Beantragen der Fördermittel. Bei den bisherigen Programmen der KfW und des BAFA ist es Pflicht, einen Energieberater zu engagieren. Doch selbst, wer eine neue Heizung ohne Berater einbaut, muss diese regelmäßig von Schornsteinfegern kontrollieren lassen. Diese beiden Berufsgruppen – und andere zertifizierte Fachleute – stellen nach dem jetzigen Gesetzesentwurf ein Dokument aus, das der Heizung bescheinigt, dass 65-Prozent-Ziel zu erfüllen. Dieses müssen Betreiber zehn Jahre lang aufbewahren, bevor Sie dann eine neue Bescheinigung benötigen.
Kann ich eine Hybridheizung bis in alle Ewigkeit nutzen?
Abgesehen davon, dass natürlich kein technisches Gerät ewig hält, ist das jetzige 65-Prozent-Ziel nur ein Zwischenschritt. Ab 2045 soll der deutsche Gebäudesektor gar keine CO2-Emissionen mehr ausstoßen. Bis dahin müssen Wärmepumpen also komplett mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden und alle Arten von Öl-, Gas-, Brennstoff- und Hybridheizungen abgeschafft werden. Auch deswegen ist der Bundesregierung der 65-Prozent-Zwischenschritt ab 2024 so wichtig. Die durchschnittliche Lebensdauer einer neuen Heizung liegt bei rund 20 Jahren. Heizungen, die 2024 eingebaut werden, müssen dann also im Schnitt 2044 sowieso ausgetauscht werden.
Welche Kritikpunkte gibt es an dem Gesetz?
Der größter Kritikpunkt der Opposition lautet, dass die Bundesregierung bisher mit dem Gesetzesentwurf die neuen Pflichten für Hausbesitzer im Detail benennt, sich bisher aber nur schwammig zur Frage der Förderung geäußert hat. Gerade hier befürchten Kritiker viele soziale Härtefälle. So ist etwa unklar, warum es eine Ausnahme für über 80-jährige Hausbesitzer geben soll, jüngere Rentner mit demselben Einkommen aber den Austausch selbst finanzieren müssen. Ohne Förderregelungen wird zudem der Neubau von Häusern deutlich teurer, was die Bautätigkeit im Land bremsen könnte.
Wie geht es jetzt weiter?
Bisher gibt es nur einen Gesetzesentwurf aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Das geht jetzt als erstes in die so genannte Länder- und Verbändeanhörung. Dabei schauen sich Vertreter der Bundesländer und Fachleute den Entwurf an und bringe ihre Meinungen ein. Das ist notwendig, weil die Bundesländer das Gesetz am Ende umsetzen müssen. Weder Länder noch Verbände können aber einzelne Passagen oder das ganze Gesetz stoppen. Im nächsten Schritt wird der Entwurf dann im Bundeskabinett unter allen Ministern ausdiskutiert und beschlossen. Das soll noch im April geschehen. Erst danach geht das Gesetz in den Bundestag, wo es beschlossen werden kann.
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