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Während Mietnomaden ein Haus oder eine Wohnung mieten, ohne den Mietzins zu zahlen und häufig erst nach einer Räumungsklage wieder verschwinden, nehmen Kaufnomaden eine Immobilie in Besitz, ohne den Kaufpreis zu entrichten. Der „ Spiegel “ hat einen Fall zusammengetragen, der es in sich hat.  

Was sich nach einer Antwort „Wo ist das Problem? Dann müssen die halt wieder raus“ anhört, sollte gewarnt sein. Es gibt einen Grund, warum erfahrene Makler und Rechtsanwälte sagen, dass die Schlüsselübergabe nur nach Geldeingang erfolgen solle.  

Im beschriebenen Fall sollte ein Bungalow im Frankfurter Umland für knapp 700.000 Euro verkauft werden. Eine elegante Dame zeigte besonderes Interesse und war angeblich als einzige von zahlreichen Interessenten bereit, den vollen Kaufpreis zu zahlen. Dieser sollte laut notariellem Kaufvertrag mit einer Frist von 14 Tagen fällig werden – und zwar, sobald der Notar darüber informiert, dass alle Dokumente vorliegen.

Juristische Feinheit wurde zum Verhängnis

Jetzt kommen die juristischen Feinheiten ins Spiel, wie der Spiegel schreibt. Es wurde vereinbart, dass der Besitz erst „mit Wirkung vom Tage der Kaufpreiszahlung“ auf den Käufer übergeht. Der Notar habe explizit darauf hingewiesen: „Übergibt der Verkäufer Besitz oder Eigentum vor Erhalt des Kaufpreises, geht er eine ungesicherte Vorleistung ein.“ Oder anders ausgedrückt: Wenn nicht bezahlt wird, kann der Käufer nicht mehr einfach so auf die Straße gesetzt werden.

 

Im beschriebenen Fall ließ die Verkäuferin die Hausnomaden vorher einziehen. Die angebliche Käuferin bat darum: „Wäre es möglich, dass ich schon paar Sachen bringen kann, da meine Wohnung ausgeräumt werden muss?“ Mit der Zustimmung wurde der Verkäuferin eine juristisch bedeutsame Feinheit zum Verhängnis: Es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen Eigentum und Besitz. Wenn jemand sein Auto verleiht, ist er immer noch der Eigentümer, aber im Zeitpunkt der Leihe nicht mehr der Besitzer. Und wer seine Wohnung vermietet, ist ebenfalls kein Besitzer mehr, sondern ausschließlich der Eigentümer.

Rechtsanwalt Christian Steinpichler von der Kanzlei Steinpichler erläutert: „Zahlt der Käufer letztlich nicht, hat er bereits den Besitz mit Zustimmung und auf Veranlassung des Verkäufers erhalten. Er ist dann zunächst rechtmäßiger Besitzer, aber noch nicht Eigentümer, weil die Zahlung noch aussteht.“ In diesem Fall müsse der Verkäufer den Kaufvertrag erst auflösen, etwa durch Rücktritt oder, falls die Voraussetzungen gegeben sind, durch Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Etwa, wenn die Käufer von Anfang an die Absicht hatten, den Kaufpreis nicht zu bezahlen und sich unrechtmäßig Besitz zu verschaffen.

Haustürschlüssel erst nach Zahlung des Kaufpreises

Indem der vorzeitige Einzug gestattet wurde, nahm die Nomadin die Immobilie rechtlich gesehen in Besitz, genauer in Mitbesitz, denn sie verfügte ebenfalls darüber. Und wenn jemand erst mal im Besitz oder Mitbesitz einer Immobilie ist, darf dieser nur aufgrund eines Gerichtsbeschlusses wieder entzogen werden. Der größte Fehler dabei ist daher, vorzeitig die Haustürschlüssel zu übergeben.

Es ist bekannt, dass der Eigentümer der Immobilie im Grundbuch steht. Diese Eintragung wird nach Zahlung des Kaufpreises vorgenommen. Der Besitz kann aber schon mit der Übergabe von Schlüsseln einsetzen. Und das Üble dabei ist: Dieser Besitz ist nicht automatisch widerrechtlich, wenn sich der Besitzer nicht an Verträge hält, beispielsweise den Kaufpreis nicht zahlt. Der Spiegel zitiert Stefan Zimmermann, Ehrenpräsident des Deutschen Notarvereins: „Auch wenn man als Verkäufer im Recht ist, kann es Jahre dauern, bis man es auch bekommt“. Man könne dann zwar auf Räumung klagen, aber dem können die Besitzer soziale Härtegründe entgegenhalten und etwa darauf verweisen, dass man so schnell keine andere Wohnung finde.

Fadenscheinige Ausreden beim Kaufpreis

Für die Verkäuferin der Immobilie begann nach der Schlüsselübergabe eine Odyssee. Die Zahlung des Kaufpreises erfolgte aus fadenscheinigen Gründen nicht – mal wurde die Kontonummer angeblich falsch eingetragen, zuvor war das Festgeld angeblich noch nicht fällig.  

Auch der Gang zu zwei Anwälten bringt nicht den schnellen Erfolg. Obwohl Strafanzeige und eine einstweilige Verfügung beantragt wurde, lehnt das Gericht den Eilantrag ab. Der Mitbesitz sei nicht „widerrechtlich“ und Täuschungen würden sich auf die Wirksamkeit der Zustimmung nicht auswirken. Der Termin zur Räumungsklage steht erst viereinhalb Monate später an.

Worauf Verkäufer achten müssen

Wer ein Haus verkaufen möchte, muss sich darüber im Klaren sein, dass es keine absolute Sicherheit für die Kaufpreiszahlung gibt. Ein Kapitalnachweis oder eine Finanzierungsbestätigung sind wichtige Indizien, aber keine Garantie. Denn eine Bank behält sich in der Regel den banküblichen Vorbehalt vor. Daher noch einmal der Rat: Schlüsselübergabe und Einzug erst, wenn der Kaufpreis auf dem Konto ist.

Dazu rät auch Rechtsanwalt Steinpichler: „Die Probleme entstehen eigentlich nur, wenn Verkäufer im Vertrauen auf die spätere Zahlung des Kaufpreises vorzeitig, also vor vollständiger Zahlung, den Besitz an der Immobilie übergeben.“

 

Wichtig für den Käufer ist andererseits die sogenannte „Auflassungsvormerkung“. Diese verhindert, dass die Immobilie mehrfach verkauft werden kann. Es ist eine Art rechtliche Reservierung, die im Grundbuch eingetragen wird. Aber auch hier lauern Fallstricke. Bei einer Rückabwicklung wegen Nichtzahlung muss diese Vormerkung wieder gelöscht werden. Ansonsten kann der Verkäufer nicht anderweitig verkaufen. Und es gibt Betrüger, diese sich diese Löschung teuer bezahlen lassen.

Es ist daher mehr als ratsam, sich genau mit dem Kaufvertrag und den Formulierungen zu beschäftigen – und diesbezüglich Notar, Rechtsanwalt und/oder Makler genau auszuwählen.



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