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Senioren beanspruchen in Deutschland überproportional viel Wohnraum, was die Wohnungsknappheit verschärft. Initiativen wie Wohnungstauschportale sollen Abhilfe schaffen. Warum das kaum eine Lösung ist und sich junge Familien auf kleinere Wohnungen einstellen sollten, erklärt Wohnungsmarktforscher Reiner Braun im Interview mit FOCUS Online.

In deutschen Wohnungen wird es immer enger. Das trifft insbesondere junge Familien, die sich nach einer größeren Wohnung sehnen. Während sie händeringend suchen, beanspruchen Senioren und Seniorinnen überdurchschnittlich viel davon. Dr. Reiner Braun ist Wohnungsmarktanalyst und Vorstandsvorsitzender des Empirica-Instituts. Im Interview mit FOCUS online erklärt er, ob das Problem zu lösen ist und was die größten Hürden für eine bessere Wohnraumverteilung in Deutschland sind.   

FOCUS online: Herr Braun, Deutschland hat ein Wohnraumproblem. In diesem Zusammenhang heißt es oft: Seniorinnen und Senioren beanspruchen überdurchschnittlich viel davon. Sie leben in großen Wohnungen, die junge Familien dringend benötigen. Wie kommt dieses Phänomen zustande und über welche Größenordnungen reden wir da?   

Reiner Braun: Das sind schon relevante Flächen, über die wir da reden. Lassen Sie mich das mit Hilfe einer Grafik verdeutlichen.

 

 

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Die Grafik zeigt den Anteil der Haushalte, die mehr als ein Zimmer pro Person haben. Unten werden die Mieter dargestellt, oben die Selbstnutzer. Der Anteil der Selbstnutzer mit mehr als einem Zimmer pro Kopf sinkt bis 40 Jahren, weil jemand, der in jungen Jahren Wohneigentum kauft, auf Vorrat kauft. Der weiß, da kommen noch zwei Kinder oder mehr. Und dann sind sie da und die Kurve sinkt ab. Dann ziehen die Kinder aus, so bis zum 60. Geburtstag. Das Ehepaar ist dann allein oder irgendwann verwitwet. Dann ist es tatsächlich so, dass 95 Prozent der Selbstnutzer im Alter allein leben und auf einer zu großen Fläche wohnen. Bei den Mietern verhält es sich im Prinzip gleich. 

Warum ist das ein Problem?  

Früher hatten wir Wohnungsmarktzyklen, die nach sieben Jahren vorbei waren. Aktuell dauert das fast 15 Jahre. Es entsteht ein Knappheitsproblem. Wenn Pensionisten auf zu großen Flächen wohnen, aber alle anderen gut versorgt sind, dann interessiert das keinen, wer wie groß wohnt. Es interessiert dann, wenn es einen Mangel gibt. Früher haben Rentner auch nicht so lange gelebt wie heute. Schaut man sich die durchschnittliche Rentenbezugsdauer an, fällt auf: Nach dem Krieg lag sie bei unter zehn Jahren. Jetzt sind wir bei 20 Jahren und mehr. Je länger dann so eine große Wohnfläche unterbelegt ist, desto größer wird dieses Problem. Knappheit und ein längeres Leben, beides zusammen macht die Situation in Deutschland akut.

Was ist ein Wohnungsmarktzyklus?

Der Wohnungsbau ist typischerweise starken Schwankungen unterworfen. Diese ergeben sich aus wiederkehrenden Schwankungen oder plötzlichen Nachfragesteigerungen. Ein Beispiel für Schwankungen sind der Übergang von einer Wirtschaftskrise zu einem Wirtschaftsboom mit starken Einkommenszuwächsen oder ein plötzlicher Anstieg der Nachfrage durch unerwartete Zuwanderung aus Krisengebieten.

Das Angebot kann aber nicht so schnell reagieren, wie die Nachfrage steigt. Von der Planung über die Genehmigung bis zur Fertigstellung können in Deutschland schon mal bis zu 6 Jahre vergehen. Muss erst noch Bauland ausgewiesen werden, kommen weitere Jahre hinzu. Am Ende eines Wohnungsbauzyklus stehen oft Leerstände, weil zu viel gebaut wurde. In der Folge kommt es zu starken Einbrüchen im Neubau.

Die steigende Nachfrage führt zu Beginn des Zyklus zu Mietpreissteigerungen. Diese flachen am Ende des Zyklus wieder ab, wenn die Knappheit beseitigt ist. Allerdings sinken die Mieten in der Regel nicht absolut. Vielmehr werden Wohnungen durch steigende Einkommen wieder erschwinglicher.

Dem aktuellen Zyklus droht jedoch ein abruptes und vorzeitiges Ende. Grund dafür sind die steigenden Zinsen in Kombination mit den enormen Kostensteigerungen aufgrund von Versorgungsproblemen und der zunehmenden Regulierung des Neubaus. In der Folge bricht der Neubau ein, bevor die Knappheit beseitigt ist. Dies wird aller Voraussicht nach zu deutlichen Mietsteigerungen führen. (R. Braun)

Wie wirkt sich der demografische Wandel hierzulande auf die Situation aus?  

Braun: Ich mache jetzt fast 30 Jahre Wohnungsmarktforschung und die Bevölkerungsprognosen waren immer: Kurzfristig kommt durch Außenwanderung zwar was dazu, aber langfristig schrumpfen wir wegen des Sterbeüberschusses. Es gibt also auch gegenläufige Effekte. Allerdings haben wir im laufenden Zyklus auch vier Zuwanderungswellen gehabt, 2008 nach der Finanzkrise, nach der EU-Osterweiterung, dann 2015 die Flüchtlingskrise und jetzt durch den Ukraine-Krieg. 2008 und 2009, nach der Finanzkrise, sind tatsächlich mal sehr viele Deutsche ins Ausland gegangen. Das schuf etwas Platz. Da hatten wir tatsächlich mal einen negativen Außenwanderungssaldo, aber sonst war der immer positiv.

Sie glauben, das wird irgendwann kippen?  

Braun: Wahrscheinlich, ja. Irgendwann müssen dann verdammt große Wanderungswellen kommen, damit wir bei einer wachsenden Einwohnerzahl bleiben. Ob das dann kommt oder nicht, werden wir sehen. Wenn dann also irgendwann genug Wohnraum in Deutschland frei ist, dann wird das Problem nicht mehr schlimmer, weil wir eben dann nicht mehr wachsen.

Doch aktuell ist die Wohnraumknappheit akut. Die Wohnfläche, die freigesetzt werden könnten, wenn Rentner und Rentnerinnen sich verkleinern würden, wäre Studien zufolge enorm. Was sind Gründe, die ältere Menschen in den großen Wohnungen halten?  

Braun: Es ist ja so, dass Rentner nicht aus Jux und Tollerei in den großen Wohnungen bleiben. Ein Hauptgrund ist: Sie können es sich nur schlecht leisten, umzuziehen. Sind sie Selbstnutzer, ist die Wohnung abbezahlt. Das heißt, sie haben minimale Wohnkosten. Wenn sie Mieter sind, und da reden wir von 30 Jahre wohnen in derselben Wohnung, haben sie noch Altmietverträge. Das sind wegen des Mieterschutzes nichts anderes als Wertpapiere in Deutschland. Irgendwo sind die Mieten also noch sehr niedrig. Steigen nun die Energiekosten, könnte das den Ausschlag geben. Man hört ja oft von Rentnern, die dann ihre Zimmer nicht mehr beheizen. Ebenso entscheidend können auch gesetzlich vorgeschriebene Sanierungskosten werden. Wenn man etwa als Selbstnutzer 100.000 Euro investieren muss, dann überlegt man sich schon, ob man auszieht.

Multimedia-Special: „Gau am Bau“

Die Baubranche steht derzeit unter Druck: Stark gestiegene Materialpreise und höhere Zinsen haben das Bauen in Deutschland in den vergangenen Monaten unattraktiv gemacht. Gleichzeitig wird vor allem in den Städten mehr Wohnraum benötigt. Der Wohnungsmangel ist akuter denn je. In unserem Multimedia-Special „Gau am Bau“ beschäftigen wir uns mit dem Bau-Dilemma, gehen den drängendsten Fragen nach und zeigen Lösungen auf.

Sanierungsauflagen und steigende Energiekosten erhöhen den Druck auf Seniorinnen und Senioren, umzuziehen. Es gibt abseits davon auch positive Lösungsansätze, wie etwa Wohnungstauschbörsen.  

Braun: Ja, der Wohnungstausch wird gerne propagiert und umgesetzt. Dafür stellt man entsprechende Plattformen zur Verfügung. Das soll helfen, das Kernproblem zu lösen: Auf der einen Seite gibt es Pensionisten, die zu viel Fläche haben, auf der anderen Seite stehen die jungen Familien, die in beengten Verhältnissen wohnen. Da liegt natürlich die Idee nahe, einfach Wohnungen zu tauschen. 

Aber?  

Braun: Zum einen stellt sich zu Beginn die Frage: Was ist zu viel Wohnraum? Wer entscheidet, ab wann die Wohnfläche für eine Person oder zwei zu groß ist? Da fängt das Problem an. Zum anderen muss man erstmal die passenden Tauschpartner finden. Sie müssen in der Regel in der gleichen Stadt und im optimalen Fall sogar im gleichen Viertel wohnen. Senioren ziehen ungern im hohen Alter nochmal in andere Städte oder Viertel. Sie haben sich eingelebt. Hinzu kommt: Es gibt in Deutschland vor allem kleine und mittelgroße Wohnungen. Statistiken zeigen, es werden immer weniger große Wohnungen gebaut, diese sind Mangelware. Das heißt: Selbst, wenn dieses Matching von Suchen und Finden der passenden Wohnung technisch oder organisatorisch funktionieren würde: Es gibt einfach immer mehr Leute, die eine große Wohnung suchen, als Leute, die eine große Wohnung haben.

 

Und wenn es dann doch mal ein Match gibt?  

Braun: Ganz praktisch gesehen sind finanzielle Probleme eine große Hürde. Langfristige Mietverträge sind eben Gold wert. Wir wissen zum Beispiel, dass es in Berlin Wohnungen im Bestand gibt, die sind irgendwo bei vier, fünf Euro der Quadratmeter. Und gleichzeitig kennen wir die aktuell inserierten Wohnungen, die sind eher bei 12 Euro und auch deutlich darüber. Sind die Wohnungen dann etwa noch möbliert oder Wohnungen mit Laufzeit, dann sind wir schon bei 30 bis 40 Euro für den Quadratmeter. Finanziell gesehen ist das also für Senioren oft sehr unattraktiv. Im Zweifel würde die Witwe beispielsweise für die kleinere Wohnung mehr bezahlen. Warum sollte sie das machen? 

Sie sind von dem Konzept also nicht überzeugt?  

Braun: Die Probleme reichen noch weiter. So gibt es unter anderem administrative Probleme. Denken Sie einmal an Sozialwohnungen, wo man Einkommensgrenzen einhalten muss. Neue Mieter müssen die natürlich auch einhalten. Und letztendlich reden wir über Menschen, die 70, 80 Jahre oder älter sind. Hier gibt es große emotionale Barrieren. Es gibt da diesen passenden Satz: Einen alten Baum verpflanzt man nicht! Nehmen wir wieder die Witwe, die seit 30, 40 Jahren beim selben Bäcker, Metzger oder Lebensmittelgeschäft einkauft und zum immer selben Friseur geht. Für sie bricht eine Welt zusammen. Ein Umzug ist dann ein Riesenereignis. Manche haben regelrecht Angst davor. Hinzu kommt: Zieht die Witwe dann in eine kleinere Wohnung, müsste sie die Hälfte ihres Hausrats wegschmeißen. Das fällt natürlich schwer, da hängen überall Erinnerungen dran. Das entscheidende Problem ist aber ein anderes. 

Nämlich?

Braun: Es gibt auch ein logistisches Hemmnis, wenn man Wohnungen tauscht. Normalerweise, wenn ich umziehe, ziehe ich in eine Wohnung, die schon leer ist. Und im Idealfall ist die schon renoviert. Man hat also auch genug Zeit für das Vorhaben. Wenn ich aber tausche, muss der ganze Umzug und alles, was damit zusammenhängt, am selben Tag geschehen. Oder man lagert alles irgendwo ein und wohnt bei Verwandten. Aber für die Witwe beispielsweise ist das schon eine echte Herausforderung. Und auch für die junge Familie ist das schwierig. Das heißt: Es muss entweder logistisch perfekt gemacht werden oder ich brauche noch eine dritte Wohnung, eine Ersatzwohnung. Und die gibt es nicht, wie wir ja wissen.

Mehr aus dem Schwerpunkt „Gau am Bau“:

Insbesondere in den Wohnungen der Älteren dürfte der Sanierungsbedarf sehr hoch sein. Sie wohnen dann immerhin seit Jahrzehnten darin.  

Braun: Neu streichen, das würde man vielleicht noch an einem Tag schaffen. In der Regel muss man aber die Sanitäranlagen komplett neu machen. Elektroleitungen, Sicherungen und so weiter. Diese Wohnungen komplett zu renovieren, ist eigentlich eine Sache von zwei bis drei Monaten, wenn da jemand 30, 40 Jahre drin gewohnt hat. 

Das alles macht wenig Hoffnung und klingt so, als müssten sich junge Familien in Deutschland an ein Leben auf engem Raum gewöhnen.   

Braun: Wir haben derzeit einfach einen Megazyklus und wir bauen seit 2010, also seit 13 Jahren, zu wenig Wohnungen. Die Knappheitsphase, die jetzt vor dem 14. Jahr steht, bringt Hunderte von Sonderproblemen mit sich. Studierendenwerke wollen mehr Wohnraum für Studierende. Flüchtlingsorganisationen wollen mehr Wohnungen für die Flüchtlinge. Seniorenvertretern wollen mehr Altenheime und Pflegeeinrichtungen. Obdachlosenverbände wollen mehr Wohnungen für Obdachlose. Und so weiter. Jede Spezialgruppe schreit nach Wohnungen für ihre Spezialgruppe. In der Summe fehlen einfach Wohnungen insgesamt. Ein Großteil des Problems wäre wahrscheinlich gelöst, wenn wir einfach genug Wohnungen bauen würden. 

Also bauen, bauen, bauen. Warum aber kommt Deutschland beim Wohnungsbau nicht voran? Was sind hier aus Ihrer Sicht die größten Hürden?  

Braun: Über allem steht jetzt das Wort Klima. Das erschwert Bauvorhaben. Außerdem gibt es Städte wie Köln oder Bonn, die sagen: Wir müssen einen Schritt zurückgehen. Um Wohnungen zu bauen, brauche wir erstmal Bauland. Und dieses Bauland war schon vor 12 Jahren das große Problem. Seitdem ist es eher noch knapper geworden. Bauland schaffen, heißt ja: Wald, Wiesen oder Äcker umwandeln. Und das ist schlecht fürs Klima. Da beißt sich der Hund in den Schwanz. Zudem sind die Baupreise weiter gestiegen, weil wir alle zwei bis drei Jahre neue Energieeinsparverordnungen oder andere Vorschriften bekommen. In den letzten 20 Jahren ist Bauen einfach viel teurer geworden. Die Preise sind hier doppelt so schnell gestiegen wie die Inflation.

Also sollten wir uns doch alle an kleinere Wohnungen gewöhnen.  

Braun: Schränken wir uns aus Klimagründen mehr ein, verzichten und leben in kleineren Wohnungen, dürfte die Fläche rechnerisch fast ausreichen, die zur Verfügung steht. Aber die Leute wollen nicht in kleinen Wohnungen leben. Was passiert, ist, das beobachten wir in Schwarmstädten wie Leipzig oder Berlin seit vielen Jahren, dass die Leute immer weiter ins Umland ziehen. In Köln ist die Situation noch viel dramatischer. Das Umland von München ist sogar ganz Oberbayern, und große Teile Niederbayerns und auch Schwabens.  

Das zeigt: Man kann die Leute nicht einsperren. Wird in den Städten kein Bauland ausgewiesen, gehen die Leute ins Umland. Und dort siedeln sie sich dann auf noch größeren Flächen an. Die junge Familie wäre vielleicht in Köln, 120 Quadratmeter, vierte Etage, zufrieden. Doch aufgrund von Mangel baut sie dann irgendwo in der Eifel oder im Erftkreis ein Einfamilienhaus mit 180 Quadratmetern, ebenerdig, mit zwei großen Garagen. 

Das können und wollen jedoch nicht alle jungen Familien.  

Braun: Ja, wir beobachten seit einigen Jahren in den Großstädten, dass immer mehr Menschen in kleineren Wohnungen leben und die Haushaltsgrößen steigen, also die Kinder später ausziehen oder auch Ehepaare, die sich eigentlich getrennt haben, bleiben zusammen, weil sie einfach nichts finden. 

Braucht es hier härtere Maßnahmen, um die ungleiche Wohnraumverteilung anzupassen?  

Braun: Es gibt Stimmen, die plädieren dafür, die Regelung der Bestandsmieten aufzuweichen oder gar abzuschaffen. Wenn die Bestandsmieten nicht mehr geschützt sind, also die Mieten auf dem Markt von heute auf morgen steigen können, dann wäre die kleine Wohnung wieder billiger als die große. Sozialpolitisch ist das jedoch fatal.  

Ein anderer Vorschlag wäre, das Wohngeld drastisch auszuweiten und das über eine Sonderabgabe auf Mieteinnahmen zu finanzieren. Das finde ich allerdings ziemlich hanebüchen. Fast jeder zweite Mieter wäre dann Wohngeldempfänger. Wir werden dann ein Land von Transferempfängern und die Vermieter würden das sicher auch nicht so lustig finden, wenn sie eine Sondersteuer zahlen müssen. Der würde dann als erstes die Qualität runterfahren und die Instandhaltung auf ein Minimum reduzieren oder keine energetischen Sanierungen durchführen. Das will ja auch niemand.

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Scheint so, als hilft es nur noch Supermärkte aufzustocken, Büroflächen umzuwidmen, oder Parkhäuser zu Wohnhäusern zumachen. Was halten Sie von solchen Ideen?  

Braun: Supermärkte werden bereits aufgestockt, das passiert schon. Das ist wahrscheinlich am einfachsten umsetzbar, denn das sind ja oft simple Gebäude, die kann man relativ einfach abreißen oder nach anständiger Bebauung obendrauf bauen. Bei Bürogebäuden, Parkhäusern oder Kaufhäusern ist das nicht ganz so einfach. Das sind Betonklötze ohne Licht und ohne sanitäre Einrichtungen. Das heißt, da muss man riesige Umbaumaßnahmen durchführen. Es gibt Studien, die das schönrechnen. Da werden jedoch nur die Umbaukosten betrachtet und mit den Herstellungskosten vergleichen. Wenn man aber aus Parkhäusern Wohnungen machen will, muss man auch das Grundstück kaufen. Das kostet schon aufgrund der oft zentralen Lage eine ganze Menge. Und es ist zu bedenken: Jede Wohnung braucht Strom, Wasser, Abwasser und auch der Brandschutz hat extrem hohe Auflagen. Selbst der Flughafen Berlin Brandenburg wäre daran fast gescheitert. Alles in allem wird das sehr teuer. Hier kommt man preislich schnell im Luxussegment an. Der jungen Familie hilft das nicht. 

Aber dennoch gibt es einige Beispiele, die zeigen: Es kann funktionieren.  

Braun: Ja, es wurden eben die Low Hanging Fruits geerntet. Etwa bei schmalen Kaufhäusern, wo man von allen Seiten Licht hat und mit relativ wenig Aufwand Wohnungen reingebaut werden konnten. Und Büros umzuwidmen, da streiten sich die Forscher noch, könnte riskant sein. Es ist noch nicht so richtig klar, wie viel weniger Büros wir in Zukunft benötigen werden. Wie viel Homeoffice ist realisierbar? Kommen dann alle am Mittwoch ins Büro, braucht es dafür den Platz. Hier wird auch vieles schöngeredet. Doch in der Realität ist die Sache viel komplexer.  

Unterm Strich heißt das: Seniorinnen und Senioren sind mehr oder weniger die Hände gebunden und junge Familien gewöhnen sich besser an kleinere Wohnungen? Wird nicht gebaut, wird es eng.   

Braun: Für junge Familien, die kein so hohes Einkommen haben, war es schon immer ein Problem, eine ausreichend große Wohnung zu bezahlen. Durch die Knappheit ist das Problem einfach noch viel größer geworden. Ohne ausreichend Wohnungsbau wird sich wenig ändern. Und ehrlich gesagt, worüber man einfach reden muss, sind die Bestandsmieten. Sonst geht die Schere zwischen Bestandsmieten und Neuvertragsmieten noch weiter auseinander. Natürlich versucht man, etwa durch die Mietpreisbremse, die Neuvertragsmieten nach unten zu drücken. Aber im Neubau habe ich die auf jeden Fall. Da wird es wahrscheinlich nie eine Mietpreisbremse geben, denn sonst baut ja keiner mehr. Man stellt sich dann die Frage: Lohnt sich das überhaupt? Die Baukosten sind derzeit so hoch, dass man in den Städten zur Kostendeckung mindestens 20 Euro pro Quadratmeter im Neubau verlangen muss.

tsa



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#Immobilien #bauen #Aachen