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Pflichtteil zugesprochen: Sechs wichtige Urteile helfen übergangenen Erben

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Angehörige geraten in Panik, wenn die Eltern sie im Testament vom Erbe ausgeschlossen haben. Ganz leer gehen sie aber nicht aus. Das Gesetz sieht für übergangene Erben wie Kinder oder Ehepartner eine Art Entschädigung vor. Das ist der sogenannte Pflichtteil.

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Diesen Pflichtteil müssen die Erben selbst dann auszahlen, wenn im Testament etwas ganz anderes steht.

Dabei geht es oft um viel Geld. Ein kurzer Blick in die Statistik. Nach aktuellen Daten liegt das Nettovermögen der deutschen Privathaushalte bei rund 13,8 Billionen Euro (also 13.800 Milliarden). Darauf weist das Portal „Die Erbschützer“ hin. Von dem Gesamtbetrag dürften jedes Jahr bis zu 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt werden. So lauten Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die durchschnittliche Höhe von Erbschaften beläuft sich auf gut 85.000 Euro pro Person.

Zwar gibt es keine Daten zur Anzahl derjenigen, die vom Erbe ausgeschlossen werden. Aber klar dürfte sein: Es gibt manche Pflichtteilsberechtigte, die gar nicht wissen, dass sie Anspruch auf Teile des Erbes haben. Das vermutet Sven Gelbke, Geschäftsführer des Internetportals. Ebenso wahrscheinlich sei: Viele Pflichtteilsberechtigte wissen gar nicht, welche Rechte ihnen zustehen. Deshalb hat der Experte sechs wichtige aktuelle Urteile für übergangene Erben zusammengestellt.

Übergangene Erben dürfen Testament einsehen

Ein gesetzlicher Erbe hat das Recht, Einsicht in das Testament zu nehmen. Das gilt selbst dann, wenn er anderen Erben gegenüber benachteiligt oder sogar enterbt wurde. Das besagt ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.7.2020, Az.: NotZ (Brfg) 1/19).

Geklagt hatte der Sohn eines 2016 gestorbenen Mannes. Der Kläger ging gerichtlich dagegen vor, dass sein Vater einige Jahre vor seinem Tod mit seiner zweiten Ehefrau ein Testament aufgesetzt hatte. Das bestimmte: Nur die Kinder aus zweiter Ehe sollten erben. Der Kläger war ein Sohn aus erster Ehe und erfuhr von seinem Ausschluss erst bei der Testamentseröffnung. Schließlich wollte er beim Notar die beglaubigte Abschrift des Testaments einsehen. Seine Begründung: Es gebe Anzeichen, dass Seiten des Originaltestaments ausgetauscht worden seien. Der Notar wies das Ansinnen zurück. Die Vorwürfe entbehrten „jeder nachvollziehbaren vernünftigen Grundlage“. Das OLG Köln gab dem Notar recht.

Anders aber der BGH: Laut Urteil der Richter spielt der Grund für den Wunsch nach Testamentseinsicht keine Rolle. Folge des höchstrichterlichen Urteils: Die Aufsichtsbehörde muss den Notar von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden, wenn der enterbte Hinterbliebene das beantragt.

 

Pflichtteilsberechtigter kann Erstattung von Gutachterkosten verlangen

Wer als nächster Angehöriger von einer Erbschaft ausgeschlossen wurde, kann zumindest seinen Pflichtteil einfordern. Dafür ist oft eine Bewertung von Nachlassgegenständen wie Immobilien erforderlich. Hält der Erbe an einem aus Sicht der Pflichtteilsberechtigten zu niedrigen Wert für eine Nachlassimmobilie fest, so kann der Pflichtteilsberechtigte ein Sachverständigengutachten zum Nachweis des höheren Wertes in Auftrag geben. Und verlangen, dass der Erbe die Gutachten-Kosten ersetzt. In einem solchen Fall sprach das Landgericht Arnsberg einem Pflichtteilsberechtigten 357 Euro Gutachterkosten zu. In seinem Urteil betonte das Gericht klar, dass der Erbe die Gutachterkosten dann übernehmen muss, wenn er trotz entgegenstehender Anhaltspunkte an einem zu niedrigeren Wert festhält (LG Arnsberg, Urteil vom 17.9.2021, Az.: 1 O 261/19)

Fehlerhafte Testament-Änderung: Erbe muss sich nicht auf den Pflichtteil reduzieren lassen  

Einer von zwei Söhnen sollte auf den Pflichtteil herabgestuft werden, der andere Sprössling hingegen den ganzen Rest erben. Allerdings hatte die Erblasserin diese Änderung im Testament nicht unterschrieben. Dabei gilt: Änderungen eines Testaments können sogar auf der Kopie eines eigenhändig geschriebenen Testaments vorgenommen werden. Zwingende Voraussetzung ist dabei allerdings, dass auch die Änderungen mit einer Unterschrift des Erblassers versehen sind.

Das entschied das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Beschluss vom 22.7.2021, Az.: I-2 Wx 131/20). Im verhandelten Fall hatte eine Erblasserin das Testament im Original in einem Bankschließfach verwahrt und in ihrer Wohnung Kopien abgeheftet. Auf einer der Kopien nahm die Erblasserin zwei handschriftliche Ergänzungen beziehungsweise Streichungen vor. Die erste Änderung versah sie mit Datum und Unterschrift, bei der zweiten Änderung fehlt eine Unterschrift.

Nach dem Tod der Erblasserin berief sich einer der beiden Söhne darauf, entsprechend der beiden Änderungen Alleinerbe geworden zu sein. Dem trat der andere Sohn der Erblasserin mit der Begründung entgegen, dass die zweite Änderung mangels Unterschrift nicht wirksam sei. So urteilten auch die Kölner Richter.

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Körperverletzung im Affekt reicht nicht für Entziehung des Pflichtteils

Um einem gesetzlichen Erben den Pflichtteil entziehen zu können, müssen Erblasser hohe Hürden überwinden. So kann etwa eine körperliche Auseinandersetzung nur dann zum Pflichtteilsentzug führen, wenn es sich dabei um ein schweres Vergehen gegen den Erblasser gehandelt hat. So ein Urteil des Landgerichts Frankenthal im Fall eines 1997 in einem notariellen Erbvertrag enterbten Sohnes. Als Begründung hatten die Eltern damals angegeben, dass der Sohn seine Mutter ein Jahr zuvor mehrfach geschlagen habe. Die Mutter erlitt eine Schädelprellung. Die Pflichtteilsentziehung akzeptiert der Sohn nach dem Tode seiner Mutter nicht: Er klagte gegen eine als Erbin eingesetzte soziale Einrichtung.

Nach Ansicht der Richter war die Entziehung des Pflichtteils im Erbvertrag bereits aus formalen Gründen unwirksam. Um zu verhindern, dass Gründe nachgeschoben werden, müsse das Fehlverhalten des Erben bereits im Testament eindeutig geschildert sein. Das sei im vorliegenden Fall aber nicht geschehen. Es sei nicht festgehalten worden, welche Gründe zu der Auseinandersetzung geführt hatten – mit welchen Folgen. Laut Gericht bleibe es denkbar, dass sich die Körperverletzung bei einem spontanen Streit zugetragen habe. Dies rechtfertige nicht zwingend eine Pflichtteilsentziehung. Dafür sein ein schweres Vergehen gegen den Erblasser nötig. Ein solches hätte der bedachte Verein nachweisen müssen, was ihm nicht gelang (LG Frankenthal, Urteil vom 11.3.2021, Az.: 8 O 308/20).

Enkel beklaut Oma – ein Pflichtteilsentzug ist rechtens

Der Diebstahl von Bargeld rechtfertigt die Entziehung des Pflichtteils wegen schweren vorsätzlichen Vergehens. So urteilte das Oberlandesgericht Stuttgart. Der Fall: Der Enkel hatte seiner Oma im Jahr 1992 insgesamt 6100 DM gestohlen und war dafür zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen von je 50 DM verurteilt worden. Die Großmutter entzog ihrem Enkel daraufhin mittels Erbvertrag den Pflichtteil. Nachdem die Großmutter im Jahr 2014 verstorben war, beanspruchte der Enkel dennoch seinen Pflichtteil. Nein, sagten die Richter am OLG Stuttgart. Es handele sich bei der Tat um ein schweres vorsätzliches Vergehen. Des zeige schon die verhängte Geldstrafe von 100 Tagessätzen – mit der Folge, dass es zum Eintrag in ein allgemeines Führungszeugnis kommt. Daneben habe die Bargeldsumme von 6100 DM im Jahr 1992 einen nicht unerheblichen Vermögenswert dargestellt (OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.1.2019, Az.: 19 U 80/18).

Erb- und Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung mit Sportwagen ist sittenwidrig

Die Sittenwidrigkeit eines Erb- und Pflichtteilsverzicht kann sich ergeben, wenn ein solcher an die Erfüllung von Bedingungen geknüpft wird. Die zugrunde liegende Vereinbarung kann dann zu dessen Unwirksamkeit führen. Die Folge:  Es besteht kein Ausschluss vom Erbe.

Das gilt umso mehr, wenn die Vereinbarungen ein erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten des Verzichtenden ausweisen. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 8.11.2016, Az.: I-10 U 36/15). In dem Fall hatte ein Vater seinem gerade 18 Jahre alt gewordenen Sohn einen 100.000 Euro teuren Sportwagen als Abfindung für einen Erb- und Pflichtteilsverzicht versprochen – aber das auch nur, wenn der Filius im Alter von 25 Jahren eine Berufsausbildung erfolgreich absolviert hat. Die Hammer Richter betonten: Die Vorgabe der erfolgreichen Ausbildung schränke den Sohn in zu missbilligender Weise in der Wahl seines beruflichen Werdegangs ein. Die Vereinbarung verhindere eine berufliche Umorientierung.

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mbe



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#Immobilien #Recht #Aachen