Grundsätzlich gilt: In den eigenen vier Wänden darf man sich nach Lust und Laune ausziehen. Das gilt laut Experten in der Regel auch draußen auf dem eigenen Balkon oder der Terrasse.
Es gibt allerdings wichtige Ausnahmen: Sind Terrasse und Garten komplett einsehbar und fühlen sich Nachbarn durch das textilfreie Sonnenbaden gestört, kann Paragraf 118 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) greifen, wie Rechtsanwalt Swen Walentowski erklärt. Demnach kann zu viel nackte Haut eine „Belästigung der Allgemeinheit“ und damit eine Ordnungswidrigkeit darstellen.
Schlechte Karten haben FKK-Anhänger vor allem dann, wenn sich ihr Garten, ihre Terrasse oder ihr Balkon „in der Nähe eines Spielplatzes, einer Kindertagesstätte, einer Schule oder einer kirchlichen Einrichtung befindet oder das Verhalten besonders auffällig ist – oder man damit gezielt provozieren will“, erklärt Walentowski.
In einem Mehrfamilienhaus kann zu viel Nacktheit sogar zur Kündigung des Mietverhältnisses führen. „In der Praxis ist das aber eher unwahrscheinlich“, sagt Walentowski. Anders sieht es aus, wenn es um Sex geht. „Sex auf dem Balkon kann zur Kündigung der Wohnung führen“, warnt der Anwalt.
In einem aktuellen Urteil hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschieden, dass das nackte Sonnenbaden eines Mieters im Hof keinen Grund für eine Minderung der Miete darstellt. Das OLG argumentierte, dass die alleinige Anwesenheit des nackten Mannes die Nutzung der Mietwohnung nicht beeinträchtige. Auf das Ästhetikgefühl der Mieter komme es nicht an, da keine „grob ungehörige Handlung“ vorliege. Außerdem sei die Sonnenliege des Vermieters nur sichtbar, wenn man sich weit aus dem Fenster lehne.
Wo darf ich mich in der Öffentlichkeit nackt aufhalten?
In Deutschland ist Nacktheit in der Öffentlichkeit zwar strafrechtlich nicht verboten, allerdings „darf man sich in der Regel nur an dafür ausgewiesenen Orten nackt aufhalten“, erklärt der Rechtsanwalt. Zum Beispiel am FKK-Strand. Wer dagegen unbekleidet durch ein Einkaufszentrum läuft oder sich splitterfasernackt im Stadtpark sonnt, riskiert ein Bußgeld nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz. Das kann zwischen 5 und 1000 Euro liegen. Zuvor wird aber meist ein Platzverweis ausgesprochen. Im Einkaufszentrum greift zudem das Hausrecht des Eigentümers, der Sicherheitsdienst kann ein Hausverbot aussprechen.
Strafrechtlich relevant wird Nacktheit in der Öffentlichkeit, wenn die Grenze zum Exhibitionismus überschritten wird. Das ist dann der Fall, wenn jemand sich des sexuellen Lustgewinns wegen entblößt. In diesem Fall ist nach Paragraf 183 des Strafgesetzbuchs (StGB) mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu rechnen. Das StGB bezieht sich hier auf exhibitionistische Handlungen durch Männer. Im Umkehrschluss heißt das laut Walentowski: „Frauen können in diesem Zusammenhang nicht belangt werden.“
Dürfen Frauen im Schwimmbad Oben-ohne baden?
Genau andersherum verhält es sich beim Oben-ohne-Schwimmen oder -Sonnenbaden. Während es für Männer kaum Gründe gibt, ihre Nippel zu verstecken, sind nackte Frauenbrüste oft noch ein Tabu.
In den Schwimmbädern Göttingens zum Beispiel gelten aber vorerst neue Regeln: Bis Ende August dürfen obenrum alle blank ziehen – zumindest an den Wochenenden. Verboten war es ohnehin nicht, in Berlins Schwimmbädern ist das Oben-ohne-Baden für Frauen auch kein Problem mehr. In einer internen Anweisung sei klargestellt worden, dass das Schwimmen „oben ohne“ für alle Personen gleichermaßen erlaubt sei, teilte eine Sprecherin der Berliner Bäderbetriebe (BBB) mit.
In den vergangenen Jahren habe es keinen konkreten Fall und auch keine Nachfrage nach „Oben ohne“-Schwimmen gegeben, erklärte ein Sprecher der Städtischen Werke KASSEL. „Grundsätzlich stehen wir auf dem Standpunkt, dass ‚oben ohne‘ problemfrei ist, solange sich niemand dadurch gestört oder gar belästigt sieht.“ Und: „Falls es aber einen Fall geben sollte, wo ein Badegast “oben ohne“ schwimmen möchte, sich zeitgleich aber jemand daran stößt, beispielsweise aus religiösen Gründen, würden wir mit den Betroffenen sprechen und um Toleranz und Rücksichtnahme beider bitten.“ Man sei überzeugt, dass die Freiheit des einen nicht die des anderen verletzten dürfe.
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