Stabile Mieten sind in Deutschland eigentlich seit Jahren eine Seltenheit, besonders in Großstädten. Doch die Energiekrise, steigende Zinsen und hohe Inflation machen sich auch auf dem Wohnungsmarkt bemerkbar. So stiegen die Mietpreise im vergangenen Jahr in Wolfsburg etwa nur um 0,23 Prozent im Schnitt an. Das ergibt die Auswertung des Postbank Wohnatlas 2023, den das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) erstellt hat. Mit 8,88 Euro pro Quadratmeter liegt die Autostadt damit nur noch leicht über dem Bundesdurchschnitt von 8,58 Euro. Noch besser sieht die Zahl aus, wenn wir sie um die Inflationsrate von 6,9 Prozent bereinigen. Dann fielen die Mietpreise in Wolfsburg sogar um 6,7 Prozent.
Damit führt die niedersächsische Großstadt ein Quintett aus vier Städten und einem Landkreis an, in dem die Mieten im vergangenen Jahr inflationsbereinigt um mehr als 6 Prozent zurückgingen. Hinter Wolfsburg reihen sich Suhl (Thüringen, -6,6 Prozent), Darmstadt (-6,2 Prozent), Frankfurt am Main und der Landkreis Eichsfeld aus Thüringen (je -6,1 Prozent) ein.
Mieten sinken inflationsbereinigt
Die fünf Regionen sind Teil eines großen Trends. Inflationsbereinigt sanken die Mietpreise von 2021 auf 2022 in 365 der 400 Regionen Deutschlands. Das bedeutet aber lediglich, dass der Mietpreisanstieg bei weniger als 6,9 Prozent lag, was nun nicht zwingend ein Grund zum Jubeln ist. Mieter in Neumünster in Schleswig-Holstein und dem Landkreis Höxter in NRW, für die der Mietpreisanstieg in etwa auf Höhe der Inflationsrate liegt, dürften sich darüber nur wenig freuen.
Aber: Im Vergleich zu den Vorjahren ist das ein Wandel. 2021 stiegen die Mietpreise im Schnitt um 4,9 Prozent und 2020 um 2,7 Prozent. In beiden Fällen war das deutlich stärker als die Inflationsraten von 3,1 und 0,5 Prozent. Vergangenes Jahr lagen die Mietpreiserhöhungen mit durchschnittlich 4,5 Prozent also gegen den Trend deutlich unter der Inflationsrate von 6,9 Prozent.
Das ist aber eben auch nur ein bundesdeutscher Mittelwert. So wie die Mieten in Wolfsburg, Darmstadt und Frankfurt selbst ohne Inflationsbereinigung nur marginal stiegen, so gibt es auch das andere Ende der Skala. Dort liegt einsam und allein Rostock. Die Stadt nahe der Ostsee sah einen Mietpreisanstieg von 14,9 Prozent auf jetzt 9,23 Euro pro Quadratmeter, womit sie erstmals deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt. Selbst abzüglich der Inflationsrate ist das noch ein Plus von 8 Prozent.
Ein solcher Wert wird von keiner anderen deutschen Region auch nur ansatzweise erreicht. Auf den nächsten Plätzen folgen der Eifelkreis Bitburg-Prüm in Rheinland-Pfalz mit 10,7 Prozent (inflationsbereinigt 3,8 Prozent) und der Landkreis Märkisch-Oderland in Brandenburg mit 10,2 Prozent (inflationsbereinigt 3,3 Prozent). Auffallend: Unter den Regionen mit den höchsten Mietpreissteigerungen finden sich vergleichsweise wenige Großstädte. Am stärksten stiegen die Preise nach Rostock in Potsdam (9,4 Prozent), Berlin (9,3 Prozent) und Lübeck (8,1 Prozent). In 47 der 68 deutschen Großstädte stiegen die Mieten hingegen langsamer als die Inflation, darunter in sechs der sieben Top-Städte des Landes. Düsseldorf sah einen Mietpreisanstieg von 3,7 Prozent, Köln von 3,3 Prozent, München von 3,0 Prozent, Hamburg von 2,2 Prozent, Stuttgart von 1,1 Prozent und Frankfurt wie oben berichtet von nur 0,8 Prozent.
Warum die Mieten langsamer steigen
Für die langsamer steigenden Mieten gibt es mehrere Gründe. Erstens steigen auch die Kaufpreise nicht mehr so stark wie in den Vorjahren. Das liegt unter anderem daran, dass durch die Leitzinserhöhungen der EZB die Kreditzinsen gestiegen und damit die Finanzierung eines Hauskaufs teurer geworden ist. Außerdem ist die allgemeine Nachfrage nach Immobilien durch die hohe Inflation gesunken. Zwar orientieren sich Mietpreise nicht immer an den Kaufpreisen, aber wenn letztere langsamer steigen, haben Hausbesitzer auch weniger Druck, Geld durch hohe Mieten wieder einzuspielen.
Der zweite Grund ist, dass gerade durch die stark gestiegenen Energiepreise auch viele Mieter an ihre Belastungsgrenzen kommen. Wer teilweise doppelt so viel für Strom und Heizung bezahlen muss, kann eben nicht auch noch 10 Prozent mehr Miete stemmen. Die hohe Inflation verstärkt dabei aber nach Expertenansicht nur einen Trend, der wohl sowieso gekommen wäre. Höhere Bautätigkeit in Großstädten, Gesetze gegen zu krasse Mieterhöhungen und auch geringere Zuwanderung in Großstädte dürften dazu führen, dass die Mieten über Jahre hinweg kaum steigen werden. Sinkende Mieten sind zwar utopisch, aber sollten die Preise langsamer steigen als das Gehaltsniveau, würden Wohnungen allein dadurch mit der Zeit erschwinglicher werden.
Sicher ist jetzt schon, dass München wohl dieses Jahr einen traurigen Rekord setzen wird. Für 2022 führt die bayrische Landeshauptstadt das Mietpreisranking mit durchschnittlich 19,73 Euro pro Quadratmeter an. Da nicht davon auszugehen ist, dass die Preise dieses Jahr plötzlich sinken, dürften München wohl die 20-Euro-Marke knacken. Auf Platz 2 und 3 liegt das Einzugsgebiet der Millionenstadt. Der Landkreis München kommt auf 16,40 Euro pro Quadratmeter, der Landkreis Starnberg auf 15,05 Euro. Frankfurt am Main liegt mit 14,84 Euro auf Platz 4.
Die günstigsten Mietwohnungen bekommen Sie wenig überraschend auf dem ostdeutschen Land. Der sächsische Vogtlandkreis ist mit 5,08 Euro die günstigste Region Deutschlands. Mit dem thüringischen Landkreis Greiz (5,28 Euro), dem Landkreis Görlitz (5,35 Euro) und dem Erzgebirgskreis (5,40 Euro, beide Sachsen) folgen weitere Gebiete in den Neuen Bundesländern.
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