Als ich vor Jahren bei den Deutschen Meisterschaften die Silbermedaille gewann und dann noch anfing Sport zu studieren, schien der Weg in eine Sportkarriere vorgezeichnet. Sponsoren schickten Pakete, die Trainingslager fanden im Ausland statt und es machte alles riesigen Spaß. Wie so oft kam dann allerdings alles ganz anders.
Sport ist zwar immer noch meine Leidenschaft. Aber der Fokus ist heute ein anderer. Heute bin ich bereits seit fast 20 Jahren Unternehmerin mit Leidenschaft und das Schöne daran: Es ist immer noch wie im Sport. Es macht Spaß, man muss Leistung bringen, man trainiert jeden Tag neue Dinge und was den Unterschied macht: „Ich mache jeden Tag Dinge, die ich vorher noch nie gemacht habe“.
Doch der Reihe nach: Als es mit der Sportlaufbahn aus gesundheitlichen Gründen doch nicht klappte und das Sportstudium in eine Sackgasse lief, war die Welt erst einmal aus den Fugen.
Unternehmensgründung mit der Schwester
Gut, dass ich außer Sport parallel auch noch Betriebswirtschaft studiert habe und dadurch ein zweites Standbein da war. Da man im Sport auch viel mit Menschen zu tun hat, lag der Bereich Personalwesen nahe und die ersten Schritte waren dann auch gleich wieder erfolgreich. Allerdings war mein sportlicher Ehrgeiz immer noch stark und ich wollte irgendwie mehr und hatte bereits seit einiger Zeit die Idee etwas Eigenes zu machen.
Nach meiner ersten Babypause gründete ich deshalb mit meiner Schwester, die auch gerade eine kleine Tochter hatte, ein Beratungsunternehmen in dem ich den Personal & Organisations-Bereich aufbaute und große und kleine Kunden im Personalbereich beriet. Die dann folgende zweite Babypause war eigentlich gar keine Pause mehr. Die Beratungskonzepte konnte man wunderbar mit der Elternzeit kombinieren – auch weil wir zu zweit waren und ich zudem einen Mann habe, der hervorragend kocht und mir auch sonst oft den Rücken freihält.
Als langsam wieder etwas Routine in den Familien- und Arbeitsalltag Einzug hielt, war es fast schon wieder ein bisschen langweilig.
Immer wieder diskutierten wir, dass Dienstleistung und Beratung nur die eigene Zeit verkauft. Wir wollten ein eigenes Produkt mit Herzblut haben und nicht nur Beratung [für andere] anbieten, weil das Produkt in diesem Fall nie das eigene ist.
Unternehmensgründung als neues Wagnis
Im Jahr 2010 gründeten wir deshalb unser zweites Unternehmen – die pervormance international, deren Hauptprodukt zu Beginn ein Projekt – die patentierte Textiltechnologie COOLINE- war. Wir vereinten unsere Erfahrungen in den Bereichen Gesundheit & Medizin, Marketing & Betriebswirtschaftslehre, sowie Human Resources und Sport und vieles mehr, um aus dieser Technologie eine wirklich innovative Marke zu schaffen und ein völlig neues Unternehmen zu kreieren. Die Finanzierung haben wir selbst gestemmt. Büro und Ausstattung waren ja schon da. Daher konnten wir gleich loslegen. Jedoch hatten wir keinerlei Erfahrung in der Textilindustrie – außer, dass ich eine Nähmaschine bedienen konnte.
Aber mit 100 Prozent Frauenpower ging auch das. Interessanterweise kamen auch immer mehr Frauen als Mitarbeiter dazu und inzwischen besteht fast das gesamte pervormance-Team zu 90 Prozent aus Frauen.
Wir haben uns alles selbst erarbeitet: Welche Stoffe sind geeignet, was muss beim Nähen berücksichtigt werden, wie gestalten wir den Versandprozess, welche Software müssen wir einsetzen, wie wird ein Online- Shop eingerichtet, welche Marketingmaßnahmen greifen, wie schützen und patentieren wir unsere Technologie und Marken usw. Jeden Tag gibt es neue Situationen in denen Kreativität und Problemlösungsbewusstsein aber auch Durchhaltungsvermögen gefragt ist.
In meiner Zeit als Personalleiterin konnte ich mir nie vorstellen „etwas zu verkaufen“. Ich hatte während meines Studiums einmal versucht, Kosmetik zu verkaufen: ein Desaster, da ich vom Produkt nicht überzeugt war. Nun hatte ich aber ein Produkt, das klimaneutral funktioniert, mit dem ich Menschen helfen kann und absolut davon überzeugt bin. Wie auch im Sport ging es los mit Training. Ich besuchte Verkaufsseminare und machte mich fit dafür. Heute freue ich mich über jeden Kunden, der bei uns anruft oder den ich anrufen kann, weil er zu einer unseren vielen Zielgruppen gehört.
In der Zwischenzeit werde ich sogar für Vorträge und Schulungen in der Industrie angefragt, die hitzeexponierte Arbeitsplätze haben oder deren MitarbeiterInnen einfach im Sommer durch die Sonneneinstrahlung Konzentrations- oder Gesundheitsprobleme haben.
Wieder raus aus der Komfortzone
Mit pervormance international biete ich eine innovative textile Kühltechnologie an, die in Kleidung, Bettwäsche und Vorhänge integriert wird und über Verdunstungskühlung klimafreundlich die Menschen und Räume kühlen. Das Geniale an meinem Unternehmen ist, dass wir Menschen bei Hitze bzw. Hitzeproblemen helfen können, v.a. auch bei Krankheiten, bei denen es für deren Hitzeprobleme keine Medikamente gibt.
Momentan bauen wir unsere Produktionsanlage für unsere Technologie auf, die wir von dem bisherigen Lieferanten gekauft haben – ein sehr spannendes Projekt. Wieder raus aus der Komfortzone, neues lernen, trainieren und umsetzen. Zum Glück können wir auch immer auf unser Netzwerk – auch bestehend aus sehr vielen Männern – zählen, denn alleine würden wir das nicht schaffen. Damit sind wir nicht nur das einzige deutsche Unternehmen, das Kühltextilien herstellt, sondern auch der einzige Hersteller weltweit mit dieser Kühltechnologie!
Was ich immer wieder feststelle: Auch wenn unser Unternehmen mit fast 100 Prozent Frauenpower arbeitet, ist die Zusammenarbeit mit genauso motivierten Männern wichtig und macht riesigen Spaß. Im Endeffekt geht es nur gemeinsam.
Verbindungen zum Sport
Worauf ich heute sehr stolz bin, ist die Tatsache, dass wir ein nachhaltiges Produkt herstellen, das eine echte Alternative zu energie- und CO2 intensiven Klimaanlagen darstellt und so bisher auf dem Markt in keinster Weise zu finden war – und wir dank unserer Ausdauer und Überzeugung – durchgehalten haben. Selbst der Sport hat mich wieder. Zahlreiche Spitzensportler und Nationalmannschaften setzen auf unsere Kühltechnologie bei Wettkämpfen und Turnieren bei hohen Temperaturen ob in Doha oder Tokio. Da hilft mir meine Erfahrung im Leistungssport natürlich weiter.
Generell stelle ich immer wieder fest, dass der Sport mich in meiner Persönlichkeit und Arbeitsweise sehr geprägt hat: die persönliche intrinsische Motivation, die Stärke im Team zu arbeiten, hart zu trainieren und dass man nur dann gut sein kann, wenn man an der Sache Spaß hat. Dann kommt der Erfolg von ganz alleine.
Deshalb hat es mich besonders gefreut, dass wir bereits einige Awards gewinnen konnten und uns UN Women im Rahmen ihres G7 Projektes als einziges deutsches Unternehmen im UN Global Compact in seinen Publikationen für unsere Frauenpower und unseren Innovationsgeist gewürdigt hat.
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