Normalerweise kennen die Aktien von Pleitegeiern nur eine Richtung: steil nach unten. Das spürten deutsche Anleger in den vergangenen Jahren vor allem beim einst hochgelobten Bezahlungsdienstleister Wirecard . Innerhalb von Tagen verkümmerte der Wert der Papiere auf einen winzigen Bruchteil des vorigen Werts.
Doch es geht auch anders, wie Tupperware derzeit zeigt. Der Hersteller der gleichnamigen Plastikbehälter – in vielen Küchen ein nicht wegzudenkender Teil des Inventars – kriselt eigentlich seit einiger Zeit. Zwischenzeitlich schien es gar so, als stünde der US-amerikanische Traditionshersteller vor dem Aus.
Im März teilte Tupperware mit, Probleme zu haben und vorige Ergebnisse wohl korrigieren zu müssen. Kurz darauf erklärte das Unternehmen, Berater engagiert zu haben, um die finanzielle Situation des Konzerns zu verbessern. Schon die vorläufigen Zahlen für das Schlussquartal 2022 sahen nicht gut aus – im vergangenen Jahr verlor der Konzern bei schrumpfendem Umsatz gut 28 Millionen Dollar, nach einem satten Gewinn von 152 Millionen Dollar im Vorjahr.
Die Aktie rauschte daraufhin in der ersten Jahreshälfte nach unten, dümpelte bei Kursen von 0,60 bis 1,00 US-Dollar vor sich hin. Bis vor kurzem jedenfalls. Mitte Juni zog der Kurs, ohne erkennbaren Grund, massiv an. Zwischenzeitlich notierte die Aktie bei 5,38 Dollar. Zwar kein Vergleich mit den historischen Kursen nahe der 100-Dollar-Marke, dennoch ein Plus von fast 800 Prozent in kaum 14 Tagen.
Am Mittwoch fiel der Kurs dann zwar wieder um zuletzt 28,25 Prozent auf 3,86 Dollar. Nichtsdestotrotz bleibt immer noch ein sattes Plus gegenüber den Kursen im Frühsommer. Dabei hatte Tupperware erst Ende Juni erneut Bedenken an seiner Zahlungsfähigkeit angemeldet.
Kleinanleger stecken plötzlich Millionen in Tupperware
Der plausibelste Grund für die Kursexplosion: Einmal mehr scheinen risikobereite Kleinanleger aus dem Internet in einer konzertierten Aktion auf eine „Meme-Aktie“ zu setzen. Der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge kauften Kleinanleger seit dem 21. Juli insgesamt Tupperware-Aktien im Wert von 15 Millionen US-Dollar.
Für die Börsen ist das eine eher geringe Summe, in Relation zur damaligen Marktkapitalisierung der Aktie von gerade mal 40 Millionen Dollar aber enorm. Was hinzu kommt: Offenbar hatten sich einige Profi-Anleger nach dem Absturz der Aktie gegen die Firma gestellt, und mit sogenannten Leerverkäufen („shorts“) auf einen weiter sinkenden Kurs gesetzt.
Bei einem Leerverkauf leiht sich ein Anleger eine Aktie, verkauft zum Marktpreis, und hofft, sie später billiger wieder einzukaufen, um sie schließlich zurückzugeben – ein durchaus übliches Vorgehen unter Großinvestoren, vor allem bei Hedgefonds.
Probleme treten dann auf, wenn die Wette nicht aufgeht und der Kurs steigt. Dann muss der Leerverkäufer die Aktie teurer zurückkaufen und befeuert damit selbst noch den Aufwärtstrend. Theoretisch können die Verluste bei einem Leerverkauf dadurch unbegrenzt hoch sein.
Profi-Investoren verstärken Wetten gegen Tupperware weiter
Tatsächlich, so Bloomberg, sei Tupperware zuletzt im Börsen-Chatroom Stocktwits sowie im Reddit-Forum „wallstreetbets“ viel diskutiert worden. Während der Pandemie machten sich insbesondere die Nutzer von „wallstreetbets“ einen Namen, weil sie mit gezielten Aktienkäufen gegen die Leerverkäufer sogar einen Hedgefonds in die Pleite trieben.
Tupperware scheint dabei sogar nicht erst seit der Unternehmenskrise ein Thema zu sein. Bereits vor gut einem Jahr schrieb ein Reddit-Nutzer: „[Tupperware] ist ein profitabler Konzern, der niemanden interessiert. Es gibt große Insiderkäufe bei gerade mal 500 Millionen Dollar Marktkapitalisierung. Die Wende kam mit den letzten Quartalszahlen, und die Aktie ist zwar 100 Prozent nach oben gegangen, aber weiter 87 Prozent unter dem Allzeithoch.“ „Das Beste“ an Tupperware sei dem Nutzer zufolge der Markenname, der sinnbildlich für die gesamte Produktkategorie stehe.
Zwar verschlechterte sich die Lage des Unternehmens seitdem dramatisch, die Kleinanleger nahmen die Aktie jetzt dennoch ins Visier. Bislang, schreibt Bloomberg, habe der Kursanstieg die Tupperware-Leerverkäufer rund 37 Millionen Dollar gekostet.
Ob der Höhenflug andauert, mag angesichts des Verlusts am Mittwoch stark bezweifelt werden. Auch bei anderen „Meme-Aktien“ wie Gamestop währte der exponentielle Anstieg nur kurz. Hinzu kommt: Die Profis haben ihre Wetten gegen Tupperware trotz des Höhenflugs nur noch weiter ausgebaut. Rund 30 Prozent der frei gehandelten Aktien sind laut Bloomberg derzeit leerverkauft, so viele wie seit einem Jahr nicht mehr.
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