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Fenster austauschen, Fassaden dämmen, Solaranlagen aufs Dach: Das EU-Parlament votierte am Dienstag mehrheitlich für strengere Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden.

Ähnlich wie bei Kühlschränken oder Backöfen sollen künftig in ganz Europa Gesamtenergieeffizienzklassen im Gebäudesektor mit einer Skala von „A“ bis „G“ eingeführt werden. Für Wohngebäude soll demnach bis 2030 mindestens die Energieeffizienzklasse „E“ und bis 2033 die Energieeffizienzklasse „D“ erreicht werden. Neubauten sollen zudem schon ab 2028 keine zusätzlichen Treibhausgase ausstoßen dürfen.

„Green Deal“ soll Europa bis 2050 klimafit machen

In Brüssel läuft das unter der Überschrift: „Green Deal.“ Das Ziel ist ein klimaneutraler Kontinent bis 2050. Laut Daten der EU-Kommission sind Gebäude für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und ein Drittel der Treibhausgasemissionen innerhalb der EU verantwortlich.

Die Rechnung lautet also: Bessere Dämmung und modernere Heizung ist gleich weniger Energiebedarf.

Angaben der EU-Kommission zufolge wären bei einer Renovierung von Stufe „G“ auf „F“ etwa 30 Millionen Gebäudeteile betroffen. Bei den in Klasse „G“ eingestuften Gebäuden handelt es sich den Angaben zufolge um die 15 Prozent der Gebäude eines Landes, die am ineffizientesten sind.

Länder mit größerem Nachholbedarf bei Sanierungen im Vorteil

Das heißt, die Klassen orientieren sich am Gebäudezustand im jeweiligen Land und nicht Europas. Ein klarer Vorteil für die südeuropäischen Länder, die im Vergleich zu Deutschland insgesamt weitaus größeren Nachholbedarf etwa in Sachen Dämmung haben.   

In Deutschland wird die Energieeffizienzklasse noch auf einer Skala bis „H“ angegeben. Deswegen und weil sich an den konkreten Plänen auch noch Aspekte ändern können, betont der Eigentümerverband Haus & Grund, den Umfang nur schätzen zu können. Demnach könnten in Deutschland mehr als sieben Millionen Eigenheime betroffen sein.

Die Angst vor hohen Sanierungskosten ist entsprechend groß. „Wir können die Kosten im Kampf gegen den Klimawandel nicht auf Omas Häuschen abwälzen“, kritisiert deshalb der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. Die Grünen-Parlamentarierin Jutta Paulus hingegen betont, Ziel sei es, den Energieverbrauch von Gebäuden deutlich zu senken und so den Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher zu schonen.

Dramatischer Wertverlust bei älteren Gebäuden befürchtet

Der Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, Kai Warnecke, warnt vor einem dramatischen Wertverlust gerade bei älteren Gebäuden. Die EU-Kommission ist dagegen überzeugt, dass sich Renovierungen etwa durch weniger Energieverbrauch auf lange Sicht auszahlten. Zwischen sechs und acht Millionen Häuser in Deutschland müssten saniert werden.

Doch welche finanzielle Belastung kommt auf die Immobilienbesitzer zu? Jakob Grimm, Referent bei Haus & Grund, rechnet auf Grundlage der neuen Regeln zunächst eher mit Einzelmaßnahmen. Das könnten bessere Fenster, neuere Heizungen oder eine bessere Dämmung sein. Die Förderbank KfW geht laut der Grünen-Politikerin Paulus von Umbaukosten allein in Deutschland in Höhe von 254 Milliarden Euro aus.

Kosten für Gebäudesanierung schnell im sechsstelligen Bereich

CDU-Mann Radtke stellte schon vor der Abstimmung auf Twitter klar: „Wir reden von Kosten zwischen 190.000 und 340.000 Euro für ein 140-Quadratmer-Eigenheim.“ Experten gehen eher von Kosten bis zu 100.000 Euro aus.

Für die Sanierungen soll immerhin auch Geld aus EU-Töpfen bereitgestellt werden. Ende 2021 hieß es vonseiten der Kommission, dass bis 2030 bis zu 150 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung stünden. Das Parlament spricht sich auch dafür aus, dass die EU-Staaten den Zugang zu Zuschüssen und Finanzierungen erleichtern sollten.

EU-Pläne müssen noch von den Mitgliedsstaaten bestätigt werden

Was passiert, wenn man sich weigert, ist noch nicht abschließend geklärt. Der im Europaparlament für das Vorhaben federführend zuständige Grünen-Abgeordnete Ciarán Cuffe betonte, dass die EU-Staaten dafür verantwortlich seien, mögliche Strafen festzulegen.

Generell gilt, dass die EU-Kommission gegen ein Land, das gegen EU-Recht verstößt, ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren gegen den entsprechenden Staat einleiten und der EuGH am Ende eine Geldstrafe verhängen könnte.

Mit der Abstimmung im EU-Parlament sind die Pläne noch nicht in Kraft. Als nächstes sind nun die zuständigen Minister der Mitgliedstaaten am Zug. In Deutschland ist das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). 

In der Regel ziehen sich die Verhandlungen zwischen EU-Parlament und den im EU-Rat vertretenen Länder-Regierungen über mehrere Monate. Cuffe hofft jedoch, noch bis Mitte des Jahres einen Kompromiss zu finden. Änderungen an dem Vorhaben sind also weiterhin möglich.

„Wir müssen die Menschen auf dem Weg in die Klimaneutralität mitnehmen“

Schon jetzt sagt der CDU-Europaabgeordnete Markus Pieper: „Das wird Hauseigentümer überfordern.“ Er warnte, dass es aus Kombination deutscher und europäischer Vorgaben zu einer „Immobilienkrise“ in ländlichen Regionen komme.

Der baupolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst, betont: „Die Zwangssanierung von Gebäuden ist der falsche Weg.“ Einen Green Deal am grünen Tisch zu beschließen sei das eine, ihn in der Realität umzusetzen das andere.

„Es ist unmöglich, innerhalb von zehn Jahren knapp die Hälfte aller europäischen Gebäude zu sanieren“, so Föst. „Die Menschen wissen nicht, wie sie das bezahlen sollen, es fehlt an Handwerkern und Material.“ Und weiter: „Wir müssen die Menschen auf dem Weg in die Klimaneutralität mitnehmen. Ansonsten werden wir es nicht schaffen.“



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