Die sieben wichtigsten Lektionen für Anleger vom Berkshire-Hathway-Aktionärstreffen 2023:
1. Vorsicht bei Bank-Aktien
Das ist passiert: Buffett bezeichnete Bank of America als einzige Bank-Investition Berkshires. Das legt nahe, er könnte sich von den Investitionen in Bank of NY Mellon, Citigroup und U.S. Bancorp, die Berkshire zuletzt noch hielt, getrennt haben. Zusammen mit den kritischen Kommentaren Buffetts und Mungers über die Kultur vieler Banken (Munger: „Wenn ein Haufen Banker nur versucht, reich zu werden, kommt nichts Gutes dabei heraus.“), scheinen beide derzeit zu viele Risiken bei den Instituten zu sehen, um in sie zu investieren.
Das bedeutet es: Anleger, die angesichts gefallener Preise bei Bankaktien auf Schnäppchen hoffen, sollten vorsichtig sein.
2. Niedrigere Gewinne, schwaches Börsenjahr?
Das ist passiert: „Die Mehrzahl unserer Unternehmen wird in diesem Jahr niedrigere Gewinne verbuchen als im letzten Jahr“, sagte Buffett. Viele säßen auf Inventar, das sie wohl nur über Rabatte an Kunden bekommen. Die von niedrigen Zinsen und Corona-Stimulus getriebene „unglaublich gute Phase“ der US-Wirtschaft sei in den vergangenen rund sechs Monaten zu Ende gegangen.
Das bedeutet es: Niedrige Gewinne belasten in der Regel die Aktienkurse. Da die Märkte derzeit ohnehin nahe ihrer Allzeithochs handeln, dient Buffetts Einschätzung als Aufruf zur Vorsicht: Die Chancen, der Aufwärtstrend könne in den kommenden Monaten enden, stehen gut.
3. Volle Zuversicht in Apple
Das ist passiert: Auf die Frage, ob Apple – Berkshires größte Aktien-Investition – einen zu großen Teil der Anlagen ausmachen und sich die Firma nicht besser breiter aufstellen sollte, sagte Buffett: „Apple ist das beste Unternehmen, das wir besitzen.“ Viele andere Unternehmen seien nicht ansatzweise so gut wie Apple: Viele Menschen gäben lieber ihren Zweitwagen auf als ihr iPhone. „Wir freuen uns über jedes Prozent Apple, das uns gehört.“
Das bedeutet es: Mit seinem Bekenntnis zu Apple widerspricht Buffett Analysten, die dem Unternehmen künftig nur ein begrenztes Wachstum zutrauen. Apple habe alle Märkte erschlossen, die es erschließen könne, behaupten diese Analysten. Buffett sieht das offenbar anders.
4. Hoffnung in Japan, Zweifel in Taiwan
Das ist passiert: Buffett verkündete bereits bei einem Besuch in Japan im April, Milliarden Dollar in die japanischen Firmen Itochu, Marubeni, Mitsubishi, Mitsui und Sumitomo investiert zu haben. Diese ähnelten als weit gestreute Konzerne mit Fokus auf Langfristigkeit und Cashflow Berkshire: „Und sie waren zu einem aus meiner Sicht lächerlich geringem Preis verfügbar.“
Bei der Berkshire-Hauptversammlung fragte ein Gast Buffett nun, was ihn zum Ausstieg bei Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC), dem drittgrößten Chiphersteller der Welt, und zum Einstieg in Japan bewegte. „Ich mag die Lage nicht“, sagte Buffett über TSMC. Zwar sei TSMC ein wunderbares Unternehmen, mit dem kein anderer Chiphersteller mithalten könne. „Unsere Investitionen in Japan gefallen mir dennoch deutlich besser.“
Das bedeutet es: Offensichtlich schätzt Buffett die Gefahr eines eskalierenden Konflikts zwischen Taiwan und China als hoch genug ein, um Investitionen in der Gegend zu vermeiden – selbst bei Unternehmen wie TSMC, die ihn sonst vollkommen überzeugen. Japan – wo der Hauptindex Nikkei 225 heute noch rund ein Viertel unter seinem Höchststand aus den 1980er-Jahren liegt – traut er wegen der langfristigen Ausrichtung vieler Unternehmen aber Chancen zu. Eine wichtige Information für Anleger, die abseits der gängigen Märkte in Deutschland und den USA Gelegenheiten suchen.
5. Spannungen zwischen USA und China
Das ist passiert: Buffett und Munger verurteilten die Spannungen zwischen den USA und China. Buffet sagte, für das nächste Jahrhundert sei es wichtig, dass sich beide Länder gut entwickeln und Spannungen vermeiden: „Sie spielen ein Spiel, indem sie sich keine großen Fehler leisten können.“ Munger warb für möglichst viel Freihandel zwischen beiden Staaten. Zuletzt hätten sich beide Seiten gleichermaßen dumm verhalten.
Die USA bräuchten den Vergleich mit China nicht scheuen, sagte Buffett: „Es gibt diese Idee, dass China ein besseres Land wird. Die Vereinigten Staaten werden das bessere Land bleiben.“ Auch Investoren fänden dort weiter die besten Gelegenheiten. „Amerika ist eine unglaubliche Gesellschaft. Wir haben alle Vorteile auf unserer Seite.“
Das bedeutet es: Buffett betont seit Langem, das politische und wirtschaftliche System der USA schaffe mehr Wohlstand als die Systeme aller anderen Länder. Ein Fingerzeig für ETF-Anleger, die überlegen, in welche Märkte sie investieren sollen.
6. Konzentration statt Diversifikation
Das ist passiert: Munger und Buffett erneuerten ihre Kritik an der weit verbreiteten Ansicht, ein breit gestreutes Aktienportfolio sei Pflicht für den Börsenerfolg. Munger: „Das ist eine wahnsinnige Idee. Ich investiere lieber in meine besten drei Ideen als in meine schlechtesten.“
Das bedeutet es: Dass Buffett und Munger Diversifizierung ablehnen, ist bekannt. Sie investieren lieber in wenige Unternehmen, an deren Erfolg sie glauben. Anleger sollten diesem Beispiel nur folgen, wenn sie ein Unternehmen gut genug verstehen, um seine Zukunft sicher einzuschätzen. Das Beispiel Berkshires dient jedoch als Mahnung, nicht blind auf breitgestreute Anlagen zu setzen.
7. Aktienrückkäufe in Milliardenhöhe, 130 Milliarden US-Dollar in Cash
Das ist passiert: Berkshire hat im ersten Quartal 2023 eigene Aktien im Wert von 4,4 Milliarden US-Dollar zurückgekauft – deutlich mehr als im vierten Quartal 2022 (2,6 Milliarden US-Dollar). Gleichzeitig sitzt das Unternehmen laut seinem neuesten Geschäftsbericht auf flüssigen Mitteln in Höhe von rund 130 Milliarden US-Dollar.
Wichtige Zahlen, denn Buffett betonte, lieber in andere Unternehmen oder Aktien zu investieren als eigene Aktien zurückzukaufen oder Geld zu horten. Offenbar findet er dafür aber derzeit keine günstigen Gelegenheiten – angesichts von Märkten nahe den Rekordhochs keine Überraschung.
Das bedeutet es: Buffett sagt immer wieder, lieber lange geduldig auf gute Anlegemöglichkeiten zu warten als von Rekordhochs getrieben gierig Aktien zu kaufen. Wer sich fragt, ob er derzeit Aktien zu Höchstständen ins Depot holen soll, kann diesen Grundsatz bedenken.
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