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„Deutschland war langweiligster Markt“: Warum Bauen inzwischen sogar für die obere Mittelschicht unbezahlbar ist

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Bauen in Deutschland ist teuer – fast unverschämt teuer. Der große Traum vom Eigenheim ist fast so unerreichbar wie noch nie. Warum die Bundesrepublik sich „vom langweiligsten Markt der Welt“ zum Land der unerschwinglichen Baupreise gewandelt hat.

In jeden Aspekt des Lebens ist die heftigste Inflation in Deutschland seit Jahrzehnten durchgedrungen. Doch die Preissteigerungen, die Supermarktkunden oder Autofahrer plagen, sind nichts, verglichen mit dem massiven Preisanstieg am Bau. Schon seit Jahren wird Bauen stetig teurer. Zwischen 2010 und 2021 stieg der Baupreisindex des Statistischen Bundesamts, der die reinen Kosten für den Bau von „individuell geplanten Ein- und Mehrfamilienhäusern“ abbildet, um 41 Prozent. Die Inflation stieg im selben Zeitraum „nur“ um 17 Prozent.

Auch neuere Daten könnten kaum eindeutiger sein, wenngleich 2022 in puncto Teuerung ohnehin ein Ausnahmejahr war. So vermeldeten die Statistiker im Januar, dass die Baupreise im November 2022 zum Vorjahresmonat um satte 16,9 Prozent gestiegen sind. Die allgemeine Inflation lag zu diesem Zeitpunkt lediglich bei 8,8 Prozent.

 

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Dass Bauen in Deutschland in den vergangenen Jahren immer teurer geworden ist, hat mehrere Gründe. „Erstens haben wir hohe bauordnungsrechtliche und regulatorische Vorgaben, bei der Statik, Brand- und Schallschutz, der Barrierefreiheit, der Energieeffizienz“, erklärt Diplom-Ingenieurin Angelika Lückert vom Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau (IRB).

Hinzu kommen Materialknappheit und höhere Lohnkosten. Außerdem fehlen vielerorts die dringend gesuchten Fachkräfte. Die Kapazitäten des kleinteiligen Baugewerbes seien mit einer Auslastung von aktuell mehr als 70 Prozent stark ausgeschöpft, so Lückert, was auch zu steigenden Baupreisen führt.

„Wer gerade einen Handwerker sucht, wartet gerne mal sechs Wochen“

Dieselben Antworten erhält man aus der Branche. „Zum einen sind hier die hohen Bruttolohnkosten und die in den vergangenen Jahren explodierten Rohstoff- und Materialpreise zu nennen“, erklärt beispielsweise Tomas Peeters, Vorsitzender des Baufinanzierers Baufi24.

Ähnlich sieht es Mark Holz, der beim Immobilienberater Lübke Kelber das Research verantwortet: „Sehr teuer wurde Bauen vor allem im Jahresverlauf 2021. Da erwachte die ganze Welt aus der Corona-Starre und die Wirtschaften sprangen an. Mit einem Schlag spielten die Rohstoffpreise verrückt, Bauholz beispielsweise war plötzlich dreimal so teuer.“

Multimedia-Special: „Gau am Bau“

Die Baubranche steht derzeit unter Druck: Stark gestiegene Materialpreise und höhere Zinsen haben das Bauen in Deutschland in den vergangenen Monaten unattraktiv gemacht. Gleichzeitig wird vor allem in den Städten mehr Wohnraum benötigt. Der Wohnungsmangel ist akuter denn je. In unserem Multimedia-Special „Gau am Bau“ beschäftigen wir uns mit dem Bau-Dilemma, gehen den drängendsten Fragen nach und zeigen Lösungen auf.

 

Zwar habe sich der Rohstoffmarkt zumindest teilweise beruhigt. Doch die Materialien, deren Herstellung besonders energieintensiv ist, bleiben teuer. Dafür machen andere Faktoren Bauherren nun das Leben schwer: „Wir wissen alle, wer gerade einen Handwerker sucht, wartet gerne mal sechs Wochen. Arbeitskräfte sind knapp. Deswegen steigen die Löhne und damit die Baukosten.“

Auch Bauland wird immer unerschwinglicher

Und dann gibt es noch einen weiteren, gewichtigen Faktor: den Boden selbst. Zu keinem Zeitpunkt war Bauland ein so begehrtes – und damit teures – Gut. „Die Entwicklung der Grundstückspreise ist ein zentraler Treiber der Gesamtkosten von Wohngebäuden. Bauland war noch nie so teuer wie im Jahr 2020 – Tendenz weiter steigend“, sagt Lückert.

 

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„Wir sehen, dass die Grundstückspreise flächendeckend nach oben gehen“, fügt Immobilienspezialist Holz an. „Einer Bundesstatistik zufolge sind die Preise in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt um acht Prozent gestiegen – grob aufsummiert also 40 Prozent. Das ist schon eine Hausnummer.“

Noch dramatischer, so Holz, sei es in den beliebten Metropolen. „Wenn wir uns da die Top 7 ansehen, reden wir von Steigerungen von teilweise 300 Prozent. Und selbst in den B-, C-, und D-Standorten kletterten die Preise noch um 120 oder 80 Prozent.“

Nirgends ist die Wohnungsnot auch größer als in den Ballungsräumen. Gleichzeitig scheint dort nicht unbedingt am fleißigsten gebaut zu werden – paradox, bedenkt man, wie groß die Nachfrage nach Bauland dort ist. „Wir hatten in den vergangenen fünf Jahren nicht nur eine Knappheit an Wohnfläche, sondern auch an Bürofläche“, erklärt Holz.

 

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Diese Nachfrage konkurrierte miteinander – „und das hat zum Teil auch zu Grundstücksspekulationen geführt“, sagt der Profi. Immobilienentwickler hätten sogenanntes „Land Banking“ betrieben: „Grundstücke wurden gekauft, gehalten, eine Baureife angestrebt, aber dann wurde das Grundstück weiterverkauft, ohne dass wirklich gebaut wurde. Trotzdem haben die Grundstücke so erheblich an Wert gewonnen.“

Was sind A/B/C/D-Standorte?

Der Immobilienbewerter bulwiengesa AG unterteilt Städte nach funktionaler Bedeutung für den internationalen, nationalen, regionalen oder lokalen Immobilienmarkt in vier verschiedene Klassen.

A-Städte sind die wichtigsten deutsche Zentren mit nationaler und internationaler Bedeutung, welche in allen Segmenten große, funktionsfähige Märkte besitzen. Dazu zählen beispielsweise Berlin, München oder Köln.

B-Städte sind Großstädte mit nationaler und regionaler Bedeutung, deren Spitzenmieten aber im langjährigen Mittel unter denen der A-Städte liegen. Beispiele sind Bonn, Dresden oder Karlsruhe.

C-Städte sind wichtige deutsche Städte mit regionaler und eingeschränkt nationaler Bedeutung, aber mit wichtiger Ausstrahlung auf die umgebende Region, wie beispielsweise Aachen, Erfurt oder Heidelberg.

D-Städte sind kleine, regional fokussierte Standorte mit zentraler Funktion für ihr direktes Umland und einem eher geringen Marktvolumen, wie etwa Flensburg, Gütersloh oder Ulm.

 

Dies war in den vergangenen Jahren durchaus gängige Praxis. „Es gibt einfach viele Immobilienentwickler, die sich ein Grundstück sichern, und im Zweifelsfall einen Profit mitnehmen, ohne etwas bauen zu müssen“, so Holz.

Die Notenbanken befeuern den Preistrend – gestern wie heute

Mitverantwortlich sind hier die Notenbanker – mit ihrer jahrelangen Politik des billigen Geldes. Geldwerte, wie Bankeinlagen, garantierten während des Nullzinsregimes nur eines: einen realen Kaufkraftverlust. Entsprechend jagten Anleger Rendite in allen anderen Anlageklassen, so auch bei Bauland und Immobilien.

Die Zinswende macht die Angelegenheit jedoch nicht einfacher, sagt Baufi-Profi Peeters. „In Deutschland orientieren sich die Bauzinsen an der Umlaufrendite der zehnjährigen Bundesanleihe – und die ist nach der Zinswende rasch gestiegen.“ Angesichts einer Inflation von 8,5 Prozent dürfte die Europäische Zentralbank die Zügel weiter straffen.

„Es darf bezweifelt werden, ob Abwarten für Immobilienbewerber die richtige Taktik ist. Die Bauzinsen haben die 4-Prozent-Marke durchbrochen. Je hartnäckiger sich die Inflation hält, desto weiter dürfte die EZB gezwungen sein, an der Zinsschraube zu drehen – und das Niveau gegebenenfalls länger zu halten als von vielen erwartet. ‚Länger höher‘ lauten die geflügelten Worte der Stunde“, kommentiert Peeters die Lage.

 

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Kurzum: Ob Baustoffe, Handwerker, das Land selbst, oder eben die Finanzierung – jeder Aspekt des Bauens verteuert sich. Dabei hätte angesichts des Immobilienpreisbooms der 2010er-Jahre wohl niemand gedacht, dass es tatsächlich immer kostspieliger werden kann. Inzwischen, so einige Experten, kommt da selbst die obere Mittelschicht nicht mehr mit. Dabei ist der Wunsch nach den eigenen vier Wänden weiter hoch, wie die Zahl der Bonitätsanfragen signalisiert. Wenngleich Banken strenger werden, da die Zahl der tatsächlich vergebenen Hypothekenkredite sinkt.

Der Bauboom der 1990er führte zur Wohnungsnot der Gegenwart

Dabei war Deutschland nicht immer teuer. „In den 1990ern war Deutschland der langweiligste Markt der Welt, wo nie was passiert ist, wo weder Mieten noch Immobilienpreise stiegen“, erklärt Immobilienprofi Holz. Damals sei viel gebaut worden, obwohl die Bundesrepublik als der wirtschaftlich „kranke Mann Europas“ galt. Dementsprechend traf ein großes Angebot auf eine verhaltene Nachfrage.

„Das wiederum führte dazu, dass über Jahre weniger gebaut wurde. Und darum sind wir heute da, wo wir sind, mit der Wohnungsnot in den Metropolen, und in der Konsequenz sind die Mieten, Kaufpreise, und damit auch die Grundstückspreise wahnsinnig nach oben gegangen“, sagt Holz.

„In den 1990ern war Deutschland der langweiligste Markt der Welt“

 

Es gibt genug Ideen, um Bauen wieder billiger zu machen. Die Stimmen aus der Branche sind eindeutig. „Anstatt mit dem Finger auf die unproduktive Bauwirtschaft zu zeigen, sollte die Regierung ihre dringendsten Hausaufgaben machen“, fordert etwa Frank Wojtalewicz, Vorstand des Wohnimmobilienentwicklers Deutsche Invest Immobilien.

Konkret verlangt Wojtalewicz mehr Entscheidungsspielraum für die Wirtschaft. „Dem steht aktuell entgegen, dass an jedem Bauprojekt ein Dutzend rettungslos überlastete Behörden beteiligt ist. Darüber hinaus muss Berlin den Dschungel an Förderregeln und energetischen Auflagen lichten, damit Bauherren wieder eine Chance haben, durchzublicken.“

Mehr aus dem Themenschwerpunkt „Gau am Bau“:

 

„Die wichtigsten Lösungsansätze –  wie eine Vereinfachung des Bauordnungsrechts und Verbreitung von seriellem Bauen – sind bekannt“, erklärt indes Fraunhofer-Expertin Lückert. Was jedoch vielfach fehle, ist eine breitenwirksame Umsetzung. „Die Überwindung dieses Umsetzungsdefizits ist die entscheidende Aufgabe und Herausforderung für die Schaffung von kostengünstigem, zukunftsfähigem Wohnraum.“

Die Niederlande zeigen, wie es besser gehen kann

Baufi24-Vorsitz Peeters schlägt zudem vor, privates Eigentum wieder stärker zu fördern. „Hierzu zählt neben der Zurverfügungstellung günstiger Baugrundstücke unter anderem die Wiedereinführung einer Eigenheimzulage (wie 1995 bis 2005) sowie die Förderung von Neubauten durch die KfW.“

Insbesondere bei denjenigen, die sich gerade das sprichwörtliche „Nest“ bauen, gäbe es laut Peeters genügend Möglichkeiten: „Bei privaten Ersterwerbern muss unbedingt auf die Grunderwerbsteuer verzichtet und Vorteile für Kapitalanleger auf Bauwillige ausgedehnt werden. Sie sollten Kreditzinsen deshalb als Rentenbaustein komplett von der Steuer absetzen können. Auch die energetische Sanierung sollte steuerlich absetzbar sein.“

Beispiele, an denen sich die Regierung orientieren könnte, gebe es: „Nach dem Vorbild von Schleswig-Holstein könnten KfW-Kredite in ganz Deutschland als Eigenkapital anerkannt werden. Auf diese Weise erzielen Bauwillige bessere Kreditkonditionen.“ Ebenso lohne der Blick zu manchem europäischen Nachbarn: „Beim Immobilienerwerb in den Niederlanden machen die Nebenkosten kaum ein Drittel des deutschen Niveaus aus. Die Grundsteuer liegt dort bei lediglich zwei Prozent, für Käufer unter 35 entfällt sie ganz, was jungen Familien den Traum vom Eigenheim deutlich erleichtert.“

Angesichts der immer noch hohen Inflation und der weiter lauernden Rezession sind staatliche Unterstützungen wohl auch die einzige Hilfe, auf die Hausbauer in absehbarer Zeit hoffen dürfen.

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#Immobilien #bauen #Aachen