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Elterngeld, Splitting oder Grundsicherung: Wem die Familienministerin nun das Geld wegnehmen will

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Familienministerin Lisa Paus (Grüne) muss 218 Millionen Euro einsparen. Ursprünglich wollte sie dafür das Elterngeld für Spitzenverdiener streichen, doch nach Protesten werden jetzt Alternativen diskutiert. FOCUS online zeigt, welche Auswirkungen diese hätten.

Was ist das Problem?

Nach Jahren der Corona- und Energiekrise, die die Bundesregierung mit hohen Ausgaben bekämpfte, soll ab 2024 wieder die Schuldenbremse eingehalten werden. Dazu hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) einen Haushalt aufgestellt, bei dem alle Ressorts mit Ausnahme des Verteidigungsministeriums Geld einsparen müssen. Im Familienministerium sind das 218 Millionen Euro. Das ist aber nur das akute Problem. Ab 2025 sieht Lindners Finanzplanung noch viel weniger Geld für Familien vor als ursprünglich geplant. Ministerin Paus muss also nun erstens kurzfristig Ausgaben im kommenden Jahr kürzen, aber auch darüber hinaus sparsamer planen. Diese Themen stehen zur Diskussion.

1. Elterngeld für Spitzenverdiener

Was ist die Ausgangslage? Das Elterngeld ist eine Transferzahlung, die Mütter und Väter in den ersten 14 Lebensmonaten eines Kindes beantragen können. Unter Umständen (Elterngeld Plus) lässt sich dieser Zeitraum noch ausdehnen. Grundsätzlich werden 67 Prozent des letzten Nettogehaltes des antragsstellenden Elternteils gezahlt, wobei sich dieser Betrag bei Einkommen unter 1000 Euro leicht erhöht und bei Einkommen über 1200 Euro leicht senkt. Maximal werden 1800 Euro pro Monat gezahlt.

Was plant die Bundesregierung? Als erste Spontanmaßnahme wollte Paus das Elterngeld für Familien mit einem zu versteuernden Einkommen (zvE) von mehr als 150.000 Euro im Jahr streichen. Eine solche Grenze gab es im Elterngeld schon immer. Bei seiner Einführung 2007 lag sie bei einem Jahreseinkommen von 500.000 Euro, später wurde sie auf 300.000 Euro abgesenkt.

Welche Auswirkungen hätte das? Von der Elterngeldstreichung wären laut Schätzung des Familienministeriums mindestens 60.000 Familien in Deutschland betroffen. Da es sich tendenziell um Gut- bis Spitzenverdiener handelt, würden sie den Maximalsatz des Elterngeldes verlieren, also 21.600 Euro im Jahr. Perfide daran: Da das Jahr 2024 schon in weniger als sechs Monaten beginnt, wären davon auch Familien betroffen, bei denen die Frau jetzt schon schwanger ist, oder deren Elterngeld-Zeit noch bis ins kommende Jahr reichen würde und die bisher vielleicht mit diesem Geld geplant hatten. Trotzdem: Zu sozialen Härtefällen dürfte die Gesetzesänderung kaum führen.

Das Elterngeld wurde vor allem eingeführt, um die Aufteilung der Erziehungsarbeit zwischen Mutter und Vater gleichberechtigter zu gestalten. Zuvor waren es zumeist die Mütter, die nach der Geburt ihren Job pausierten oder aufgaben. Studien zeigen, dass sich dies durch das Elterngeld tatsächlich geändert hat, wobei wir von einer gerechten Aufteilung immer noch weit entfernt sind. Mütter kehren aber durch das Elterngeld schneller wieder in ihre Jobs zurück. Das erhöht das Familieneinkommen auch ungeachtet des Elterngeldes.

Eine Streichung des Elterngeldes für bestimmte Gruppen hätte nun den gegenteiligen Effekt. In der Regel dürften in der betroffenen Gruppe Mütter wieder zu Hause bleiben und sich um die Kindererziehung kümmern. Da dies ihrer Karriere schadet, dürfte das Familieneinkommen darunter auch langfristig leiden. Aber: Da es sich hier um das reichste Prozent unserer Gesellschaft handelt, ist trotz allem so gut wie ausgeschlossen, dass solche Familien in finanzielle Nöte geraten. Kritiker befürchten, dass ohne Elterngeld auch die Geburtenrate sinken könnte. Studien haben aber bisher keinen Zusammenhang zwischen Geburtenrate und Elterngeld beweisen können.

2. Ehegattensplitting streichen

Was ist die Ausgangslage? Ehepartner und Lebensgemeinschaften können sich seit 1958 steuerlich gemeinsam veranlagen lassen. Dabei werden beide Einkommen zusammengerechnet, halbiert, dann die Steuerlast ausgerechnet und anschließend verdoppelt. Das hat steuerliche Vorteile, wenn ein Partner deutlich mehr verdient, weil er durch das Splitting in niedrigere Steuersätze rutscht. Es ist schon lange in der Kritik. Eine 2014 veröffentlichte Studie zeigte, dass es langfristig dazu führt, dass mehr Frauen ihre Jobs zurückstellen oder gar aufgeben. Außerdem ist es wenig zielgerichtet, weil es eigentlich Familien besserstellen soll, aber auch kinderlosen Paaren zugutekommt und nicht verheirateten Eltern wiederum verwehrt wird. Paare mit annähernd gleichem Einkommen zahlen durch das Splitting sogar mehr Steuern, als wenn beide Singles wären.

Ein Rechenbeispiel der Vereinigten Lohnsteuerhilfe: Ein Partner verdient 45.000 Euro im Jahr und müsste 9945 Euro Steuern zahlen. Der andere Partner verdient 15.000 Euro im Jahr und müsste 887 Euro Steuern zahlen. Wenn die beiden eine gemeinsame Steuererklärung abgeben und das Finanzamt den Splittingtarif anwendet, müssen sie statt 10.832 Euro nur 9902 Euro Steuern zahlen und sparen 930 Euro.

Was plant die Bundesregierung? Die SPD kämpft schon seit Jahrzehnten gegen das Ehegattensplitting. 1982 scheiterte die Abschaffung am abrupten Ende der Koalition mit der FDP, 1998 konnte sie sich mit den Grünen nicht auf eine Neuregelung einigen und in den vergangenen Großen Koalitionen scheiterte es am Unwillen der CDU/CSU. Jetzt brachte SPD-Chef Lars Klingbeil das Thema wieder auf die Agenda. In seinem Vorstoß hat er deutlich gemacht, dass dies nur für neue Ehen und Partnerschaften gelten solle. Wer das Splitting bisher nutzt, könnte das also auch dann weiter tun, wenn sich der Vorschlag des SPD-Chefs durchsetzen würde.
Im Koalitionsvertrag ist nur schwammig von einer Neuregelung der Besteuerung von Familien die Rede. Ein konkretes Ende des Ehegattensplittings wird dort nicht erwähnt. Die FDP würde das wohl sowieso nur mittragen, wenn es nicht zu einer Steuererhöhung führen würde – was aber wohl unvermeidlich wäre.

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Was wären die Auswirkungen? Das Ehegattensplitting kann nicht einfach ersatzlos gestrichen werden. Mehrere Rechtsgutachten der Bundesregierung aus den Vorjahren gehen davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht intervenieren würde, sollten Familien nicht steuerlich bevorteilt werden. Konkrete Alternativen hat bisher keine Partei vorgelegt. Denkbar wäre etwa eine Methode, die „Realsplitting“ genannt wird, bei der nur ein Teil der Einnahmen gemeinsam versteuert wird. So könnten etwa Freibeträge des Partners mit dem niedrigeren Einkommen und von Kindern auf den Hauptverdiener übertragen werden. Dann wäre die Steuerersparnis sogar höher, wenn sich die zwei Einkommen eines Paares nur geringfügig unterscheiden.

Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, beurteilt den Vorschlag zur Abschaffung des Splittings kritisch. „Das Ehegattensplitting, das auch für viele Familien mit durchschnittlichen und niedrigen Einkommen relevant ist, abzuschaffen, um ausgerechnet das Elterngeld für Bestverdiener zu finanzieren, scheint wenig durchdacht und käme einer Umverteilung von unten nach oben gleich, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Aber: Finanzpolitisch hätte wohl keine Neuregelung gravierende Auswirkungen. Viel Geld lässt sich hier nicht einsparen. Selbst Ökonomen argumentieren, dass es bei einer Neuregelung des Splittings mehr darum geht, die Steuerpolitik der gesellschaftlichen Realität von Patchwork-Familien, unverheirateten Paaren mit Kindern und Alleinerziehenden anzupassen – die es in den 1950er Jahren nicht in dieser Zahl gab.

3. Kindergrundsicherung

Was ist die Ausgangslage? Die Kindergrundsicherung ist eines der wichtigsten Projekte der Grünen für diese Legislaturperiode. Mit ihr sollen verschiedene Zahlungen für Kinder zusammengefasst werden, damit es für Eltern einfacher ist, an alle Leistungen zu gelangen. Bisher gibt es etwa Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderbürgergeld und Kinderfreibeträge, die bei verschiedenen Behörden auf unterschiedliche Weise beantragt werden müssen. Das führt dazu, dass gerade Familien mit geringem Einkommen oft nicht alle Leistungen in Anspruch nehmen. Den besonders für sie gedachten Kinderzuschlag bekommen nach Angaben des Familienministeriums nur rund 750.000 Kinder – dabei wären 2,25 Millionen berechtigt.

Was plant die Bundesregierung? Bisher gibt es noch keinen konkreten Gesetzesentwurf. Den will Paus bis Ende August schreiben lassen. In einem Eckpunktepapier heißt es, dass Leistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, aber auch (Kinder-)Bürgergeld und Wohngeld ab 2025 in einem einzigen Verfahren beantragt werden sollen – und das am besten auch digital und möglichst automatisiert. Zudem will Paus die Beratungsstellen für Familien ausbauen. Die Kindergrundsicherung soll sich aus einem Garantiebetrag für alle Kinder in Höhe des heutigen Kindergeldes und einem Zusatzbeitrag zusammensetzen, der nach Höhe des Einkommens der Eltern gestaffelt wird. In der Summe soll so in jedem Fall das für das jeweilige Alter des Kindes geltende Existenzminimum erreicht werden.

Was wären die Auswirkungen? Paus setzt mit der Kindergrundsicherung auf zwei Effekte: Erstens sollen sich so alle Familien die Ansprüche sichern können, die sie theoretisch heute schon haben, von denen sie aber oft nicht wissen. Zweitens sollen die Leistungen für Kinder so erhöht werden, dass kein Kind mehr unter der Armutsgrenze lebt. 2022 waren 21,6 Prozent aller Kinder unter 18 Jahren armutsgefährdet. In Armut aufzuwachsen, schadet der Entwicklung eines Kindes und verringert die Chancen, dass es als Erwachsener einen hochqualifizierten und/oder gut bezahlten Job bekommt – was neben dem persönlichen Schicksal auf die Kosten des Staates in der Zukunft erhöht.

Aber: Unklar ist, wie weit Paus ihre Pläne durchsetzen kann. Sie kalkuliert ab 2025 mit Mehrkosten von zwölf Milliarden Euro pro Jahr. So teuer wird es nicht nur, weil sie mehr Geld an Familien auszahlen will, sondern auch, weil dann alle Leistungen ausgezahlt würden, auf die Familien heute schon Anspruch haben, diesen aber nicht wahrnehmen. Lindner hat in seinem Fahrplan aber nur zwei Milliarden Euro eingeplant. Am Ende werden die tatsächlichen Kosten wohl irgendwo dazwischen liegen.

Höhere Ausgaben in diesem Bereich würden sich aber wohl langfristig lohnen. Eine US-Studie hatte Kindern aus einkommensschwachen Familien im ersten Lebensjahr 1000 Dollar mehr pro Monat zur Verfügung gestellt. Gegenüber Kindern aus vergleichbaren Familien erzielten diese Kinder in der Schule bessere Noten und erreichten im Berufsleben höhere Gehälter. Das spricht dafür, dass sich mit einer Kindergrundsicherung langfristig die Steuereinnahmen des Staates verbessern und die Sozialausgaben geringer werden würden.

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csa/mit dpa / vt



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