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Es gibt keine Regeln: Jetzt beginnt das große Rennen um den Schatz am Tiefseeboden

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    In der Pflanze steckt keine Gentechnik

    Aber keine Sorge:
    Gentechnish verändert

    sind die

Sonntag, 09.07.2023, 09:50

Die Frist ist um – was nun? Erstmals können Anträge auf kommerziellen Abbau der Rohstoffe auf dem internationalen Meeresboden gestellt werden – Regeln darüber festzulegen, ist versäumt worden. Die Entscheidung über die Anträge könnte ernste Umweltfolgen haben.

Die Welt hatte zwei Jahre Zeit – hat es aber versäumt, den Tiefseebergbau zu regulieren. Die große Frage ist jetzt, wie ohne ein Regelwerk über Anträge auf kommerziellen Abbau von Rohstoffen am Boden internationaler Gewässer entschieden wird, die nun erstmals bei der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) gestellt werden können.

Zweijahresfrist verstrichen

Bei einer zweiwöchigen Sitzung des ISA-Rats ab Montag in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston muss sie dringend beantwortet werden – angesichts womöglich schwerer Schäden für die Meeresökosysteme. Die Zweijahresfrist ist am Sonntag verstrichen, ohne dass Regularien für den Tiefseebergbau verabschiedet worden wären, weil sich die Verhandlungen der 36 Mitgliedstaaten des ISA-Rats über die vielen Detailfragen als zu langwierig herausstellten. Die Bundesregierung plädiert dafür, die nun zu erwartenden Anträge nicht zu genehmigen, bis mehr über die Umweltfolgen des Tiefseebergbaus bekannt ist.

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„Nach unserem Verständnis, das wir in einem gemeinsamen deutsch-niederländischen Papier niedergelegt haben, könnte der ISA-Rat nur mit qualifizierter Mehrheit eine vorläufige Genehmigung erteilen. Das ist eine hohe Hürde“, sagt Franziska Brantner, parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium. „Viele ISA-Mitgliedstaaten teilen unser Verständnis. Andere meinen, dass eine Art Automatismus zu Gunsten der Genehmigungserteilung Anwendung finden könnte. Mit diesen ISA-Mitgliedstaaten werden wir weiter verhandeln.“

Mysteriöse Deals

Umstritten ist dabei die Rolle der ISA, die mit Inkrafttreten des UN-Seerechtsübereinkommens (Unclos) 1994 geschaffen worden war. In einem Brief an ISA-Generalsekretär Michael Lodge zum Beginn der vorherigen Ratssitzung im März äußerte Brantner im Namen der Bundesregierung Besorgnis, dass Lodge eine von ihm bevorzugte Interpretation des Unclos vorgestellt und aktiv Stellung zu Positionen einzelner Delegationen bezogen habe. Sie erinnerte ihn an seine Neutralitätspflicht. Lodge wies den Vorwurf zurück.

Nach einem Bericht der „New York Times“ gaben mehrere ISA-Ratsmitglieder an, der Brite mache Druck, den Tiefseebergbau voranzutreiben. Die US-Zeitung hatte zuvor berichtet, die ISA habe dem kanadischen Konzern The Metals Company (TMC) durch die Weitergabe von Informationen bei dessen Tiefseebergbau-Vorhaben geholfen. Als Sponsor von TMC kündigte der pazifische Inselstaat Nauru Ende Juni 2021 an, einen Antrag auf Tiefseebergbau zu stellen – und löste damit nach einer Unclos-Klausel die Zweijahresfrist zum Erstellen eines Regelwerks aus.

„Batterien in einem Stein“

Konkret geht es derzeit um den Abbau sogenannter Manganknollen auf dem Meeresboden in 4000 bis 6000 Metern Tiefe. Sie entstehen über Millionen Jahre aus Ablagerungen und enthalten Rohstoffe wie Mangan, Kobalt, Kupfer und Nickel. Auf ihnen wachsen Schwämme und Korallen, die Lebensraum für zahlreiche weitere Tiere bieten. Für TMC sind Manganknollen „Batterien in einem Stein“ und der „sauberste Weg zu Elektrofahrzeugen“.

Untersuchungen des europäischen Forschungsprojekts MiningImpact über die Bergbau-Tests von TMC und des belgischen Unternehmens GSR am Meeresboden in der Clarion-Clipperton-Zone im Pazifik zwischen Mexiko und Hawaii stellen das infrage. Deren Panzer-ähnlichen „Kollektoren“ saugen demnach nicht nur die Knollen auf, sondern auch alle Organismen, die auf ihnen sowie in und auf dem Sediment leben. Zudem richte die entstehende Sedimentwolke großflächige Schäden an.

Angst vor der Strahlung

Eine Studie von der britischen Universität Exeter und Greenpeace fand mögliche Gefahren für Wale durch Unterwasserlärm beim Tiefseebergbau. Forscher vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven berichteten im Mai in der Zeitschrift „Scientific Reports“, natürlich vorkommende Uranisotope in Manganknollen gäben beim Zerfall Strahlen ab, die ernste Gesundheitsrisiken bergen könnten.

„Über die Auswirkungen des Tiefseebergbaus auf das Ökosystem Meeresboden ist noch viel zu wenig bekannt, zum Beispiel mit Blick auf die sehr relevanten CO2-Speicher“, sagt Brantner. Etwa 90 Prozent der Tausenden Tierarten in der Tiefsee sind Experten zufolge wahrscheinlich noch unentdeckt.

„Die Tiefsee ist unser heiliger Ort der Schöpfung“

Indigene Aktivisten aus verschiedenen Ländern reichten im März bei der ISA eine Petition ein, den Tiefseebergbau zu verbieten. „Die Tiefsee ist unser heiliger Ort der Schöpfung“, erzählte Solomon Pili Kaho?ohalahala über die Mythologie der Ureinwohner seiner Heimat Hawaii. „Wenn Bergbauunternehmen beginnen, den Meeresboden aus Profitgründen zu nutzen, dann tun sie dies in dem Wissen, dass sie damit heilige und kulturelle Verbindungen dezimieren.“

Nach Berichten des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace und der Umweltstiftung WWF ist der Tiefseebergbau für die Energie- und Verkehrswende nicht unbedingt nötig. Einige Konzerne wie BMW, Volkswagen, Google und Philips haben sich einem WWF-Aufruf für ein Moratorium angeschlossen und sich verpflichtet, keine Rohstoffe vom Tiefseeboden zu verwenden und Tiefseebergbau nicht zu finanzieren. Neben Deutschland haben sich unter anderen auch Frankreich, die Schweiz, Neuseeland und Chile für ein Moratorium, eine vorsorgliche Pause oder ein Verbot des Tiefseebergbaus ausgesprochen.

„Das Tor steht gefährlich offen“

Viele andere Länder haben sich nicht klar positioniert. Die USA sind kein ISA-Mitgliedstaat. China hat signalisiert, auf Tiefseebergbau setzen zu wollen. Norwegens Regierung schlug vor wenigen Wochen vor, eine Fläche der eigenen Gewässer fast von der Größe Italiens zu nutzen, um Rohstoffe für die Energiewende zu gewinnen.

Dieser Plan sei besorgniserregend, sagt Greenpeace-Meeresexperte Till Seidensticker. „Kurz vor dem Ablauf der Zweijahresregel steht das Tor für den Beginn des Tiefseebergbaus gefährlich offen.“ Er betont: „Es ist jetzt an der internationalen Gemeinschaft, ein klares Nein zum Beginn des Tiefseebergbaus zu vereinbaren.“ WWF-Experte Tim Packeiser sagt in einer Mitteilung: “Tiefseebergbau ist eine vermeidbare Umweltkatastrophe. Die Mitgliedsstaaten der ISA haben das Schicksal der Tiefsee in der Hand und müssen jetzt einen Dammbruch verhindern.“

flr/dpa



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