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Was ist die Grunderwerbssteuer?

Die Grunderwerbssteuer ist eine Verbrauchssteuer, die anfällt, wenn jemand ein Grundstück oder eine Immobilie kauft. Sie ist eine sehr alte Steuer, die schon 1919 in der Weimarer Republik eingeführt wurde. Sie existierte als Grundwechselsteuer aber bereits im Kaiserreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag sie bis 1982 bundesweit bei einheitlichen 7 Prozent, wobei es aber so viele Ausnahmen gab, dass in 80 Prozent der Fälle keine Steuer gezahlt werden musste. Das galt insbesondere für selbstgenutztes Wohneigentum. Von 1983 bis 1996 wurde der Steuersatz auf 2 Prozent gesenkt und fast alle Ausnahmen gestrichen. Von 1997 bis 2006 lag der Steuersatz bei 3,5 Prozent. Seit 2006 erhebt nicht mehr der Bund die Grunderwerbssteuer, sondern die Bundesländer. Sie dürfen seitdem ihre eigenen Steuersätze festlegen.

Wie ist der heutige Stand?

Seit die Bundesländer die Steuer selbst erheben dürfen, haben fast alle die Steuersätze kräftig erhöht. Im Bundesdurchschnitt zahlen Sie mittlerweile 5,6 Prozent auf den Kaufpreis statt 3,5 Prozent wie bis 2006 bundesweit gültig. Spitzenreiter sind Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, das Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen mit einem Steuersatz von 6,5 Prozent. Bayern ist das einzige Bundesland, das weiterhin nur 3,5 Prozent verlangt.

Die Steuer ist für die Bundesländer wichtig. Die Einnahmen von rund 17 Milliarden Euro trugen 2022 rund 4,4 Prozent zu den gesamten Steuereinnahmen der Länder bei. Teilweise geben sie diese Einnahmen an Kommunen weiter.

Was will Christian Lindner ändern?

Bisher dürfen die Bundesländer zwar den Steuersatz für die Grunderwerbssteuer selbst festlegen, ihnen sind aber durch das Grunderwerbsteuergesetz die Hände gebunden, bestimmte Kaufvorgänge von der Steuer auszunehmen, da bei der Neuformulierung des Gesetzes 1982 fast alle Ausnahmen gestrichen wurden. Lindner möchte das Gesetz nun dahingehend ändern, dass Bundesländer selbst beschließen dürfen, ob sie die Steuer bei selbstgenutztem Wohneigentum noch erheben möchten oder nicht.

Was soll diese Änderung bewirken?

Die Intention Lindners ist klar: Die in der letzten Dekade stark gestiegenen Immobilienpreise, zu denen sich jetzt auch noch hohe Zinsen gesellen, sollen wieder sinken. Da die Grunderwerbssteuer zwischen 3,5 und 6,5 Prozent des Kaufpreises ausmacht, würden Immobilien- und Grundstückskäufe bei Verzicht auf die Steuer eben um genau diesen Prozentsatz günstiger. Bei einem Kaufpreis von 250.000 Euro sind das immerhin 8750 bis 16.250 Euro, bei einem Kaufpreis von 500.000 Euro entsprechend eine Ersparnis von 17.500 bis 32.500 Euro.

Da die Ausnahme nur für selbstgenutztes Wohneigentum gelten würde, würde sie so nur Menschen zugutekommen, die sich selbst den Traum vom Eigenheim erfüllen wollten, nicht aber Wohnungsgesellschaften und Investoren.

Würden Immobilien durch diese Änderung also günstiger?

Höchstwahrscheinlich nicht – aus zwei Gründen. Erstens will Lindner den Ländern nicht vorschreiben, die Steuer zu streichen, sondern ihnen nur die rechtliche Möglichkeit dazu geben. Die Bundesländer dürfen aber seit 2006 bereits die Steuersätze selbst festlegen und kein einziges hat ihn seitdem gesenkt. Es ist also unwahrscheinlich, dass auch nur ein Land auf Steuereinnahmen in Milliardenhöhe verzichten würde, nur, weil das jetzt rechtlich möglich wäre.

Aber selbst, wenn wir annehmen, dass alle Bundesländer die Grunderwerbssteuer komplett streichen würden, würde das die Preise nicht senken. Eine Gruppe des Ifo-Institutes, inklusive dessen Präsidenten Clemens Fuest, veröffentlichte bereits 2021 ein Arbeitspapier , in dem die Ökonomen feststellten, dass Änderungen an der Grunderwerbssteuer sich stets umgekehrt auf die Preise auswirken. Steigt der Steuersatz etwa um 1 Prozent, sinken die Preise um 3 Prozent. Umgekehrt gilt also, dass bei sinkender Steuer die Preise steigen würden.

Das ergibt aus Sicht eines Immobilienverkäufers Sinn. Da die Nachfrage nach Immobilien in Deutschland ungebrochen hoch ist, können diese die Preise so hoch festsetzen, wie sie wollen. Fallen für den Käufer also die Kosten der Grunderwerbssteuer weg, eröffnet das Spielraum, den Kaufpreis um den entsprechenden Betrag zu erhöhen.

Was würde Hauskäufern mehr helfen?

Überhaupt hätte die Streichung der Grunderwerbsteuer nur einen kleinen Effekt auf die Kosten für Hauskäufer. Bleiben wir beim Beispiel eines Hauses für 500.000 Euro und nehmen an, es steht in Nordrhein-Westfalen, wo dafür 6,5 Prozent Steuer oder 32.500 Euro fällig würden.

Deutlich mehr ließe sich sparen, wenn die Zinsen von aktuell rund 4,0 Prozent für Immobilienkredite um nur ein Prozent sinken würden. Dann würde derselbe Hauskäufer rund 33.000 Euro an Zinszahlungen einsparen, wenn er wie der durchschnittliche Deutsche 20 Prozent Eigenkapital mitbringt.

Noch perfider: Wird die Grunderwerbsteuer gestrichen, aber der Kaufpreis steigt dadurch um eben jene 32.500 Euro, dann zahlt der Hauskäufer am Ende sogar drauf. Erstens steigen dadurch die weiteren Nebenkosten etwa für den Makler und den Notar, da auch diese prozentual vom Kaufpreis abhängen. Lagen die Gesamtkosten von Kaufpreis und Nebenkosten mit Grunderwerbssteuer bei einem Kaufpreis von 500.000 Euro bei durchschnittlich 569.000 Euro, sind es mit höherem Kaufpreis und ohne Grunderwerbssteuer schon 572.000 Euro. Weitere 1250 Euro kommen durch höhere Zinszahlungen hinzu. Nach Lindners Plänen würden Hauskäufer also unter Umständen mehr bezahlen als vorher. Das ist nicht abhängig von dem jetzt geltenden Steuersatz. Auch in Bayern, das am wenigsten Grunderwerbssteuer verlangt, würden die Gesamtkosten dadurch steigen.

Das Beispiel zeigt: Lindners Pläne, die auch die CDU vergangene Woche in ihrem Zehn-Punkte-Plan ähnlich formulierte, sind gut gemeint, haben aber wahrscheinlich nicht den gewünschten Effekt. Was Hauskäufer derzeit davon abhält, ein Eigenheim zu bauen oder zu kaufen, sind nicht die Grunderwerbsteuern, sondern die hohen Preise und Zinsen. Ersteres könnte die Politik bekämpfen, in dem sie das Angebot an Wohnungen erhöht, doch die bisherigen Pläne, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, versanden im guten Willen. Letzteres ließe sich durch eine stärkere Bekämpfung der Inflation angehen. Sinkt die Teuerungsrate, hat die Europäische Zentralbank Spielraum, den Leitzins wieder zu senken.

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#Immobilien #Steuern #Aachen