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Nach den Daten, die eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hervorbrachte, scheitert die Erbschaftssteuer in Deutschland an ihrer Aufgabe, Vermögen gleichmäßiger zu verteilen. Die Zahlen bestätigen eher den Eindruck, die Steuer schröpfe vor allem die Erben kleiner und mittlerer Vermögen, verschone aber Großerben.

Das Dilemma im Überblick:

  • Eigentlich sollen Großerben (übertragenes Vermögen von mehr als 26 Millionen Euro) je nach Nähe zum Verstorbenen 30, 43 oder 50 Prozent Steuern zahlen.
  • Von zuletzt insgesamt 24,5 Milliarden Euro Erbsumme führten die Empfänger großer Summen nur 2,6 Milliarden Euro an das Finanzamt ab – etwas mehr als zehn Prozent. Sie zahlen deutlich weniger Steuern als geplant.

Beabsichtigte Ausnahmen und Probleme durch die Hintertür

Die geringe Steuer beim Übertrag großer Summen auf die nächste Generation ist eher Absicht als Zufall. Einen Grund dafür liefern die vielen Ausnahmen im Gesetz:

  • Kunst bleibt zu 60 Prozent steuerfrei, Grundbesitz zu 85 Prozent, „wenn die Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, die jährlichen Kosten in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen und sie Zwecken der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht werden“, erklärt das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz.
  • Betriebsvermögen bleibt bis zu einem Wert von 26 Millionen Euro zu 85 Prozent steuerfrei. Erbt ein Kind die Firma der Eltern im Wert von fünf Millionen Euro, zahlt es darauf 52.500 Euro Steuern – rund ein Prozent. Für ein Unternehmen im Wert von 25 Millionen Euro zahlt ein erbendes Kind rund 13 Prozent Steuern.

Diese Regelungen sollen Kunstsammlungen und Unternehmen erhalten, statt die nächste Eigentümergenerationen durch hohe Steuerforderungen zum Verkauf zu zwingen. Sie mindern von vielen als zu vermeidend eingestufte Nebenwirkungen einer Erbschaftssteuer, senken die Steuerlast für besonders vermögende Erben aber deutlich.

Stefanie Bremer, Millionärin aus Baden-Württemberg, wirbt bei der Initiative „taxmenow“ für höhere Steuern für Reiche. Gegenüber dem BR sagt sie zugespitzt: „Wenn sie drei Wohnungen erben, zahlen sie die volle Erbschaftssteuer. Wenn sie 300 Wohnungen erben, dann wird das automatisch als Betriebsvermögen angesehen und ist damit steuerfrei.“

Unbeabsichtigte Tricks und weitere Probleme

Neben beabsichtigten Ausnahmen senken Großerben ihre Steuern auch mithilfe von Schlupflöchern:

Schenkung zu Lebzeiten: Für die Erbschaftssteuer gelten die gleichen Freibeträge wie für die Schenkungssteuer – bis zu 500.000 Euro für Ehegatten. Genutzte Freibeträge verjähren alle zehn Jahre – über etwas mehr als 20 Jahre kann ein Ehepaar also 1,5 Millionen Euro steuerfrei vererben, durch zwei Schenkungen und ein Erbe, zum Beispiel. Wer den Vermögensübertrag langfristig plant, mindert Abgaben an den Staat deutlich.

Stiftungen: Große Firmen und höhere Millionenbeträge können über Stiftung günstig vererbt werden. Mit Stiftungen „können Familien ihre Besitztümer über Generationen hinweg steuerfrei übertragen und schützen“, sagt Stiftungsberater Sascha Drache. „Das lohnt sich mittlerweile schon ab einem Vermögen von 250.000 Euro.“

Mit einer Familienstiftung sind auch grenzüberschreitende Strukturen möglich. In Liechtenstein beispielsweise, beliebter Standort von Familienstiftungen, gibt es keine Erbersatzsteuer.

Wer wenig erbt, zahlt mehr Steuern

Freibeträge nutzen, Stiftungen gründen, Vermögen rechtzeitig an die nächste Generation verschenken: Weil das Gesetz Möglichkeiten zur Senkung der Erbschaftssteuer bietet, senkt langfristige und professionelle Erbplanung den Steuersatz deutlich:

  • Die Empfänger von Schenkungen im Bereich des Spitzensteuersatzes zahlten zuletzt durchschnittlich nur 2,7 Prozent Steuern. Die fast immer sorgfältig vorbereiteten Schenkungen lassen selbst hohe Millionenbeträge fast steuerfrei an die nächste Generation übergehen.
  • Großerben – denen wegen teils überraschender Todesfälle im Mittel weniger Vorbereitungszeit bleibt – zahlten knapp 30 Prozent Steuern. Weniger als der Steuersatz, aber deutlich mehr als bei Schenkungen.

Nicht jeder kann sich Berater leisten, die diese Tricks auszunutzen. Erben kleinerer Vermögen schaffen es eher nicht:

  • Laut Erbschafts- und Schenkungssteuerstatistik 2021 zahlen Empfänger von Erben und Schenkungen zwischen null und 200.000 Euro den höchsten Steuersatz aller Erben: 14,1 Prozent.
  • Wer über 20 Millionen Euro erbte oder geschenkt bekam, führte davon durchschnittlich nur 8,6 Prozent an das Finanzamt ab – rund 40 Prozent weniger als kleine Erben.

Diese Zahlen untermauern die weit verbreitete Meinung, prozentual mehr Erbschaftssteuer zahlen vor allem Familien mit wenig Geld und Beratung. Während Angestellte oft deutlich mehr als ein Drittel ihres Einkommens an das Finanzamt abführen, erhalten Großerben ihre Vermögen fast steuerfrei.

Kritiker fordern wegen dieser Probleme, die Erbschaftssteuer abzuschaffen. Rund zehn Milliarden Euro nimmt der Staat jährlich damit ein. Keine Kleinigkeit, aber auch kein Betrag, den er nicht ausgleichen könnte, meinen sie. Erbschaftssteuer-Befürworter wollen die Regeln der aus ihrer Sicht für eine gleichmäßigere Vermögensverteilung wichtigen Steuern eher anpassen als sie aufgeben.



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