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Ein gepflegter Garten, ein grüner Balkon oder eine gemütliche Terasse, sind für viele Menschen eine Oase der Ruhe und Entspannung. In vielen Fällen kann ausgerechnet der Nachbar diese Idylle stören. Besonders dann, wenn Bäume und Sträucher über die Grundstücksgrenzen hinauswachsen oder Zigarettenrauch rüberzieht.

Nachbarschaftsstreitigkeiten gehören zu den ärgerlichsten Konflikten unter Menschen. Sie können schnell zu einem langwierigen und belastenden Rechtsstreit führen. FOCUS online zählt die wichtigsten Urteile und beantwortet die häufigsten Fragen.

Streit mit dem Nachbarn? Hier finden Sie Hilfe

Bevor Nachbarn ihren Streit vor Gericht austragen, sollten sie nach dem Expertenrat über die Kosten nachdenken. So springe eine Rechtsschutzversicherung nur dann ein, wenn eine Klage Ausicht auf Erfolg habe.

Günstiger und weitaus schneller als die Mühlen der Justiz arbeiteten Schiedsleute, die Streithähne zu einem Gespräch einladen. Schiedsleute gibt es den Angaben zufolge in Gemeinden oder Stadtbezirken. Sie werden vom Amtsgerichtspräsidenten bestätigt.

Wie hoch darf die Hecke sein?

Wie hoch und aus welchem Material der Gartenzaun sein darf, steht im Bebauungsplan für das jeweilige Grundstück. Mancherorts ist die Einfriedung des Grundstücks darin sogar vorgeschrieben: In Brandenburg zum Beispiel müssen Hausbesitzer die jeweils rechte Grundstücksgrenze – von der Straße aus gesehen – mit einem Zaun oder einer Mauer versehen. In München dürfen Einfriedungen maximal 1,50 Meter hoch sein – mindestens 50 Prozent der Fläche müssen offen sein.

Die Umzäunung verläuft grundsätzlich entlang der Grundstücksgrenze. Besteht für beide Nachbarn eine gemeinsame Einfriedungspflicht, so können sie die Einfriedung auf der Grenzlinie errichten.

In Bayern hatte zuletzt im Jahr 2020 (Aktenzeichen 155 C 6508/19) eine Frau ihren Nachbarn verklagt. Sie forderte von dem Mann aus München, zwei Kirschlorbeerhecken an der Grenze zu ihrem Grundstück so zurückzuschneiden, dass sie eine Höhe von zwei Metern nicht überschreiten.

Wie lautete das Urteil? Der Mann musste die Hecken ausreichend zurückschneiden. Kleinere Zuschnitte von herausragenden Ästen seien aber jederzeit erlaubt.

Was muss ich über die Nachbarsgrenzen wissen?

Wo das eigene Grundstück endet und das des Nachbarn beginnt, weiß das örtliche Vermessungsamt. Es führt den genauen Grenzverlauf in einem Kataster. Die Grenze selbst wird durch Grenzsteine aus Stein, Beton oder Kunststoff markiert. Fehlen diese Markierungen oder sind sie nicht mehr erkennbar, kann ein Vermessungsingenieur den Grenzverlauf rekonstruieren. Das kostet in der Regel zwischen 1000 und 1500 Euro. Wer bestellt, bezahlt.

Im Laufe der Zeit stellen einige Hausbesitzer einiges mehr auf ihr Gelände als nur das Eigenheim. Ragen unmittelbar an der Grundstücksgrenze errichtete Überbauten zum Nachbarn hinein, sind sie in der Regel unzulässig. Auch dann, wenn es sich lediglich um Zentimeter handelt.

Im Jahre 2002 baute eine Familie an der Grenze zum Nachbargrundstück eine Garage. Das neue Garagendach ragte gut 34 Zentimeter in das Grundstück des Nachbarn. Dieser klagte (Aktenzeichen 5 K 46/06) erfolgreich auf Rückbau.

Wie lautete das Urteil? Der Nachbar musste das Dach um 34 Zentimeter rückbauen. Das Argument des Verursachers, dass ein Rückbau hohe Kosten verursacht, ließ das Gericht nicht gelten.

Darf ich im Sommer jeden Tag den Holzgrill anwerfen?

Auch beim Grillen auf dem Balkon oder der Terrasse der Mietwohnung dürfen Rauch und Grillgeruch die Nachbarn nicht belästigen. Sonst kann das Grillen als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet werden, wie Konrad Adenauer, Vorsitzender des Landesverbandes Haus & Grund Rheinland Westfalen, erklärt.

Doch was müssen Nachbarn im Zweifel ertragen? Dazu gibt es zwar zahlreiche Urteile. Letztendlich ist aber der Einzelfall ausschlaggebend.

So entschied das Amtsgericht Halle/Saale (Aktenzeichen 120 C 1126/12) etwa, dass Wohnungseigentümer nur vier Mal im Jahr mit Holzkohle grillen dürfen. Und das den Nachbarn auch 24 Stunden vorher ankündigen müssen.

Das Amtsgericht Westerstede (Aktenzeichen 22 C 614/09 (II)) beschränkte das Grillen mit Holzkohle bei einem Streit um einen Grillkamin an der Grundstücksgrenze hingegen auf zwei Mal im Monat und höchstens zehn Mal im Jahr.

Und das Landgericht München (Aktenzeichen 15 S 22735/03) urteilte: Sommerliches Grillen im Garten ist erlaubt, wenn die Nachbarn dadurch nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden. Fühlen sie sich gestört, müssten sie genau nachweisen, dass es sich um eine nicht unwesentliche Beeinträchtigung handelt.

Darf ich Äste des Nachbarsbaums abschneiden, die in meinen Garten ragen?

Wie hoch Sträucher, Hecken und Bäume im Garten wachsen dürfen, ist in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer geregelt. Dort sind auch die Abstände zwischen den Pflanzen festgelegt. Grundsätzlich gilt: Je höher der Baum, desto größer der Abstand. In Bayern darf etwa einen halben Meter vor der Grenze keine Pflanze höher als zwei Meter sein.

Ragen die Äste des Nachbarn auf das eigene Grundstück, darf man sie nicht einfach abschneiden. Dafür ist der Eigentümer des Grundstücks zuständig, auf dem der Baum wächst. Entfernt er die überhängenden Äste auch nach Aufforderung nicht, darf der Nachbar nach Ablauf einer „angemessenen Frist“ selbst zur Schere greifen.

Vor gut vier Jahren wurde eine Familie aus Berlin von dem Nachbarn (Aktenzeichen V ZR 102/18, BGH) verklagt, weil sie den Ast einer 40 Jahre alten Schwarzkiefer abschnitten.

Die Familie hatte mehrmals den Nachbarn gebeten, den Baum zurückzuschneiden, so dass die Äste nicht in das Grundstück ragen. Mit den Jahren wurden die Äste immer länger und eine hohe Anzahl an Nadeln und Zapfen fiel auf das fremde Gelände. Der Nachbar weigerte sich, den Ast abzuschneiden. Er fürchtete um den sicheren Stand des Baumes. Die Familie griff im vierten Jahr selbst zur Gartenschere und wurde verklagt.

Wie lautete das Urteil? Die Richter des Bundesgerichtshofs gaben der Familie Recht. Allerdings müssen die Betroffenen alle behördlichen und naturschutzrechtlichen Einschränkungen beachten. Dazu gehört zum Beispiel die Schonzeit vom 1. März bis 30. September.

Ast ragt ins Grundstück – Darf ich das Obst vom Nachbarbaum ernten?

Die Kirschen von Nachbars Baum dürfen nicht gepflückt und gegessen werden – auch dann nicht, wenn ein Zweig mit Früchten auf Ihr Grundstück ragt. Sind Kirschen oder Äpfel aber heruntergefallen und auf Ihrem Rasen gelandet, dürfen Sie beherzt zugreifen. So steht es im Paragrafen 242 des Strafgesetzbuches.

Steht der Obstbaum wiederum auf einer Grundstücksgrenze, müssen sich beide Parteien die Ernte teilen.

Was tun, wenn der Nachbar zu laut ist?

Ein Dauerbrenner unter den Nachbarschaftsstreitigkeiten ist auch der Lärm. Hier gilt grundsätzlich: „Die Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr ist einzuhalten“, sagt Rechtsanwalt Kai Warnecke, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbandes Haus & Grund, der Deutschen Presse-Agentur. Sommerfeste und andere gesellige Runden im Freien müssen dann so gedämpft ablaufen, dass sich niemand gestört fühlt. Gleiches gilt für die Mittagsruhe, die allerdings individuell und nicht bundeseinheitlich geregelt ist.

Kinder dürfen im Garten spielen – müssen sich aber an die gesetzlichen Ruhezeiten halten. Zwischen 13 und 15 Uhr sowie zwischen 22 und 7 Uhr müssen Eltern dafür sorgen, dass ihre Kinder niemanden stören.

Die mittäglichen und nächtlichen Ruhezeiten gelten auch für Geräusche bei der Gartenarbeit.

Das haben Gerichte in mehreren Urteilen festgestellt.

Was muss ich auf dem Balkon beachten?

In Mehrfamilienhäusern dürfen Haushalte Blumentöpfe oder Blumenkästen aufstellen. „Voraussetzung ist, dass sie ordnungsgemäß befestigt sind, so dass sie auch bei starkem Wind nicht herabstürzen und Passanten oder Nachbarn gefährden können“, so der Deutsche Mieterbund.

Allerdings müssen es Nachbarn nicht hinnehmen, dass ständig Blüten auf ihre Terrasse fallen (Landgericht Berlin, Aktenzeichen: 67 S 127/02). Auch Gießwasser von oben darf weder den unten wohnenden Nachbarn noch die Fassade des Hauses beeinträchtigen (Amtsgericht München, Aktenzeichen: 271 C 73794/00).

Als nicht justiziabel bezeichnen die Experten die optische Gestaltung des Gartens. Hier hat jeder Eigentümer freie Hand. Dazu gehören auch Gartenzwerge. „Auch wenn es dem Nachbarn nicht gefällt, ist das Aufstellen von Gartenzwergen nicht verboten“, sagt auch Beate Heilmann vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Allerdings müsse es sich um Zwerge „im baumarktüblichen Sinne“ handeln. Lebensgroße Figuren oder solche mit beleidigender Gestik seien unzulässig.

Probleme könnten auch Sportfans bekommen, die im Sommer die Fahne ihres Lieblingsvereins an einem Fahnenmast im Garten hissen. Weil die Fahne im Wind „ganz erheblichen Lärm verursacht“, müsse ein Nachbar das nicht unbedingt hinnehmen, sagt Heilmann.

Wuchernde Pflanzen, die zum Nachbarn hin wachsen, müssen zurückgeschnitten werden. Die Pflanzen müssen auf dem eigenen Grundstück bleiben.



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